LeserInnenbriefe:
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Geballte Wut
betr.: „Partner weg. Cold Turkey“ von Marlene Halser,taz vom 21. 10. 16
Ich hatte eine ähnliche eigene Geschichte mit meinen Eltern, wir sind also quasi Leidensgenossinnen. Leider muss ich aber zu Ihrem Beitrag sagen: Schade! Wo sind die Belege, dass in den meisten oder in vielen Fällen Eltern ihre Kinder gegen den Expartner aufhetzen? Das ist eine Behauptung, deren Wahrheitsgehalt ich so lange in Zweifel ziehe, bis ich verlässliche Zahlen darüber sehe. Wo ist eine kritische Reflexion über das Urteil, was ich ebenfalls von der taz erwarten kann?
Zum Beispiel stellte sich mir die Frage, ob dasselbe Gericht wohl auch einen Vater genauso verurteilt hätte wie die Mutter im besagten Fall? Und sollen Gerichte nun in Zukunft dafür sorgen, dass in den ohnehin schon zerstörten Familienverhältnissen gewühlt und gegraben wird, damit man Väter und Mütter zu Geldstrafen verurteilen kann? Bitte lassen Sie einen solchen Beitrag lieber noch einmal eine Nacht liegen, bevor die geballte Wut sich in der Zeitung Bahn brechen kann. So klingt nämlich der Beitrag.
BARBARA HOFFMANN, Berlin
Pflichtlektüre für PolitikerInnen
betr.: „Gerechtigkeit. Wie schwer wiegt die Verantwortung?“,taz vom 22. 10. 16
Dieser Artikel sollte allen PolitikerInnen zur Pflichtlektüre werden, denn darin wird deutlich aufgezeigt, was alles falsch läuft. Mit der europäischen Ausfuhrpolitik: So werden die Märkte der afrikanischen Länder mit billigen Waren geflutet, dass die einheimischen Bauern ihre Erzeugnisse nicht mehr gewinnbringend verkaufen können; die Fischgründe werden von europäischen Fischereiindustrien leergefischt, sodass die einheimischen Fischer ihre Lebensgrundlage verlieren; die für in den afrikanischen Ländern abgebauten Rohstoffe generierten Einnahmen fließen meist an diktatorisch herrschende Staatenlenker, von denen die Bevölkerung nicht profitiert (der sog. „Ressourcenfluch“, wie Valentin Beck es bezeichnet).
Wenn Frau Merkel und die EU tatsächlich Fluchtursachen bekämpfen wollten, fänden sie hier genügend Einflussmöglichkeiten, vor allem wenn ihnen „das Wohl Afrikas“ tatsächlich wichtig wäre. Aber stattdessen sollen künftig Entwicklungsgelder daran gekoppelt werden, dass die Staatschefs ihre Grenzen mit Hightech-Equipment aus Europa für Migranten unpassierbar machen. Wenn tatsächlich Kampfschwimmer vor der libyschen Küste eingesetzt werden sollen, wie Spiegel-Online berichtete, um „Schlepper“ zu jagen, dann wird möglicherweise die angebliche „libysche Küstenwache“ weiterhin zu solch entsetzlichen Angriffen auf Flüchtlingsboote aufgemuntert, wie gerade geschehen. Das kann ja nun wirklich weder im Interesse Afrikas noch Europas sein! HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel
Vernebelte Parallelwelten
betr.: „Geheimdienstreform. Von Snowden nichts gelernt“,taz vom 22. 10. 16
Ich staune immer wieder über das Staunen über Geheimdienste. Das sind und waren schon immer vernebelte Parallelwelten und keine Ponyhöfe. Oder anders ausgedrückt: Geheimdienste sind real gewordene Verschwörungstheorien.
FERN MEHRING, Dortmund
Ceta ausbremsen
betr.: „EU-Gipfel. Die Chefs sind machtlos“ von Eric Bonse,taz vom 22. 10. 16
Wenn schon die anderen europäischen Regierungen lieber vornehmlich die Interessen der Wirtschaft vertreten und die Bürgerinteressen mit Füßen treten, dann sollte Ceta so endlich ausgebremst werden. Wir brauchen keine antidemokratischen Abkommen, in denen der Rechtsstaat, Umwelt- und Verbraucherinteressen einfach ignoriert werden. Eine Mehrheit der Deutschen und auch anderer Europäer ist gegen Ceta und TTIP. Wenn die verantwortlichen Politiker in Brüssel und Berlin weiterhin so über den Kopf mündiger Bürger hinweg handeln, dann brauchen sie sich über das Erstarken von Rechtspopulisten und rechter Parteien nicht zu wundern!
THOMAS HENSCHKE, Berlin
Eine große Chance
betr.: „EU-Gipfel. Die Chefs sind machtlos“ von Eric Bonse,taz vom 22. 10. 16
Lobbyisten der internationalen Konzerne, der Fonds der Banken sowie der Hedgefonds-Spekulanten im Währung-Kasino: Sie wollen mit allen Mitteln einen Start in den Neokapitalismus auf internationaler Ebene erreichen. Die Hindernisse der UNO und die Frage nach einer besseren Weltwirtschaft mit regionalen Anbietern, fortschrittlichen Natur erhaltenden Ernährungs-Anbaumethoden, einer Medizin ohne Medikamente mit vielen Nebenwirkungen und die Vereinheitlichung von Computernormen und Maßeinheiten. Alles das soll in den Hauptquartieren von profitablen Unternehmen unterlaufen werden.
Deswegen gibt es Millionen von Bürgern in der EU, die den vor zehn Jahren abgeschlossenen Amerikanischen Freihandelsvertrag FTAA – als Beispiel für die Unterdrückung von kleinteiligen Wirtschaftsgesellschaften – scharf kritisieren. Die Wallonen haben eine große Chance für uns alle. Nicht die Wirtschaft geht durch Ceta kaputt, sondern unsere regionale Demokratie in der EU! JOHANNES SPARK, Hannover
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