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LeserInnenbriefe

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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Ein Gegenvorschlag

betr.: „Das hat mich schockiert!“, taz vom 14. 6. 16

Ein Punkt in dem Plädoyer von Marcel Fratzscher stößt bei mir auf völliges Unverständnis: Warum muss ein Mensch eine Immobilie im Laufe seines Lebens erwerben? Welche Sicherheit soll ihm das bieten? Wie soll ich als junger Mensch wissen, wie in 40 Jahren der Wert meiner Immobilie ist? Warum muss ich mich früh entscheiden, wo ich bleiben werde? Mein Arbeitgeber verlangt eine hohe Flexibilität, wie korrespondiert dies mit einer Immobilie? Da Wohnen essenziell für die meisten Menschen ist, hier ein Gegenvorschlag: Wohnen und Besitz einer Immobilie wird getrennt, funktioniert hervorragend mit einer Genossenschaft. Ich wohne mein Leben lang zur Miete, als Azubi oder Student in einer 1-Zimmer-Butze, frisch verliebt in einer 2-Zimmer-Wohnung, mit 3 Gören in einem Reihenhaus und als Rentner in einer altersgerechten 2-Zimmer-Wohnung. Die Wohnung und damit der persönliche finanzielle und verwaltungstechnische Aufwand (Putzen, Heizen) halten sich im Rahmen zur Größe der Bewohnerzahl. Gleichzeitig wird Monat für Monat ein Betrag als Wertschein in die Genossenschaft eingezahlt, der zum Beispiel im Pflegefall wieder aufgezehrt werden kann. Keine Kredite, keine Zwänge, keine Risiken.

ARNE MATSCHINSKY, Hamburg

Zwei starke Stücke

betr.: „Das finstere Ende der Belle Époque“, „Sich einen runterholen“, taz vom 13. 6. 16

Liebe Harriet Wolff, vielen Dank für zwei starke Stücke am Montagmorgen. Danke dafür, dass du direkt aus dem Getümmel und aus schwarzweißer Vergangenheit die Schweinereien der Gegenwart aufzeigst. Gerade Fußballfreunde schätzen Kritik und Subversion. RAFAEL KURZ, Kappel

Bildung vorhanden, Jobs nicht

betr.: „Das hat mich schockiert!“, taz vom 14. 6. 16

Allein mit besseren Bildungschancen für alle lässt sich die zunehmende Spreizung zwischen Arm und Reich in unserer Gesellschaft nicht beheben. Denn entgegen der Aussage von Marcel Fratzscher arbeiten längst nicht nur Menschen ohne Berufsabschluss zum gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro/Stunde, sondern auch viele Menschen mit staatlich anerkanntem Berufs- oder Studienabschluss, deren erlernte oder studierte Berufsrichtungen auf dem Arbeitsmarkt nicht ausreichend nachgefragt werden. Das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Univer­sität Duisburg-Essen stellt schon seit Jahren regelmäßig fest, dass mindestens 70 Prozent der Erwerbstätigen im Niedriglohnsektor einen staatlich anerkannten Berufsabschluss und/oder gar ein abgeschlossenes Hochschulstudium vorzuweisen haben. Diesen Menschen hilft zum Entkommen aus ihrer wirtschaftlichen Armut nur mehr Umverteilung von oben nach unten, so lange der Arbeitsmarkt für sie trotz vorhandener Bildung nicht genügend adäquate Jobs bereitstellt. Eine Berufs- beziehungsweise Studienwahl primär oder gar ausschließlich nach der Arbeitsmarktlage nützt weder den betroffenen Menschen noch deren zukünftigen Arbeitgebern, zumal gerade Letztgenannte heutzutage von ihren MitarbeiterInnen eine hohe Identifikation nicht nur mit der konkret ausgeübten Berufstätigkeit, sondern auch mit der jeweiligen Unternehmensphilosophie erwarten. Beides lässt sich nicht durch äußeren Druck erzwingen.

ELGIN FISCHBACH, Leimen

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