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Lernen vom Hamburger „kohero“-MagazinÜber Sprachbarrieren hinweg

Im Hamburger „kohero“-Magazin erzählen Menschen mit Fluchterfahrung aus ihrem Alltag. Ein gelungenes Projekt, das als Vorbild dienen kann.

Das Magazin „kohero“ lädt zur interkulturellen Zusammenarbeit ein Foto: kohero-magazin.de

Hamburg taz | Wir wollen diverser werden, hieß es 2021 aus vielen Redaktionen. Zu Recht. Hat doch jeder vierte Mensch in Deutschland hat einen Migrationshintergrund.

In den Chefetagen der reichweitenstärksten deutschen Medienhäuser hingegen sind es popelige sechs Prozent (die Hälfte davon aus dem deutschsprachigen Nachbarland). Das hatte eine Studie der Neuen Deutschen Medienmacher im vergangenen Jahr gezeigt.

Das Hamburger kohero-Magazin hat diesen Redaktionen einiges voraus. In zwei Podcasts, in Online- und Printbeiträgen erzählen Menschen mit Fluchterfahrung aus ihrem Alltag.

In der neuen Printausgabe etwa, die zweimal jährlich erscheint, geht es um Sport: Denn der ist inklusiv und schweißt zusammen, auf dem Fußballplatz ist Herkunft egal – oder nicht? Wie erleben Mi­gran­t:in­nen Sport in Deutschland? 80 Ehrenamtliche arbeiten regelmäßig bei kohero. Darunter Menschen mit eigenen Migrationsgeschichten, aber auch Studierende und alte Menschen, die Zeit haben und im Zuge eines Tandem-Projekts ihren migrantischen Mitmenschen helfen wollen, ihre Geschichten zu erzählen – über Sprachbarrieren hinweg.

In der neuen Print-Ausgabe von „kohero“ geht es um Sport, hier das Cover Foto: kohero-magazin.de

Denn ja, Redaktionen wollen diverser werden. Dass aber immer auch fließendes Deutsch in Wort und Schrift, zumeist ein Hochschulstudium und das ein oder andere unbezahlte Praktikum vorausgesetzt werden, für das es finanzielle Rücklagen braucht, beschleunigt dieses Vorhaben natürlich nicht.

Und während die Augen vieler Mitmenschen vor Bewunderung feucht werden, wenn ein Unternehmersohn bei seiner Nanny neben Deutsch auch Französisch lernt, man Weltoffenheit und Sprachtalent lobt, wird der Blick misstrauisch, wenn ein Zweitklässler in der Schule Deutsch und zu Hause Arabisch spricht.

Fehlende Integration? Nein, das ist Rassismus. Wenn in großen Talkshows und Zeitungen „Expert:innen“ über Armut, Diskriminierung und Migrationspolitik sprechen, dann sind sie meist weder arm noch diskriminiert, und Migrationsgeschichten haben sie auch nicht. Wem nützen diese Perspektiven? Cui bono?

Eine Plattform – auf Deutsch

Jedenfalls: Als der Journalist Hassam Al Zaher vor sechs Jahren aus Syrien nach Hamburg kam, fragte er sich, warum in den Medien so viel über Geflüchtete gesprochen wird, selten aber mit ihnen. 2017 gründete er das kohero-Magazin, das damals noch der „Flüchtling“ hieß. Er wollte migrantischen Menschen eine Plattform geben, sich selbst vorzustellen. Auf Deutsch: Weil das die Sprache ist, die sie alle trotz unterschiedlicher Herkunftsländer und Muttersprachen verbindet und weil Adressatin eben auch die deutsche Mehrheitsgesellschaft ist.

Seit letztem Jahr heißt der „Flüchtling“ nun kohero. Das ist Esperanto und bedeutet Zusammenhalt. Die Überlegung dabei: Irgendwann sind Menschen keine „Flüchtlinge“ mehr, ihre Identität geht über die Fluchtgeschichte hinaus. Ihre Perspektive ist nicht nur für Mi­gran­t:in­nen selbst, sondern auch für Menschen mit Migrationsgeschichten in dritter oder vierter Generation und alle anderen in diesem Land relevant.

Fest steht: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Aber das spiegelt sich eben nicht in den deutschen Medienhäusern wider. Projekte wie kohero können einen – gerade zum Jahreswechsel – zuversichtlich stimmen. Denn neues Jahr, neue Chance. Vielleicht finden 2022 in unseren Medien ja mehr Veränderungen und Debatten zum Thema statt. Ein Blick auf die Seiten des kohero-Magazins kann da sicherlich helfen.

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