Lenin-Denkmal — Gewaltfrei verpacken

■ Das Lenin-Monument, umgestaltet mit dem Wende-Spruch/ Diepgen will schleifen/ Momper warnt vor Bilderstürmerei/ Christo soll sich um Lenin kümmern

Berlin. Das Friedrichshainer Lenin- Denkmal ziert seit gestern eine Schärpe mit der Wende-Aufschrift »Keine Gewalt«. Mit dieser Aktion wenden sich das Büro für ungewöhnliche Maßnahmen, die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst, die Fraktion Bündnis 90/Grüne (AL)/UFV »gegen die Hast und die blinde Zerstörungswut einer primitiven Bilderstürmerei, deren eigentliches Ziel nur das Auslöschen von Erinnerung und Geschichte ist«.

In einer Pressemitteilung wird eine Expertenkommission gefordert, die nach einer öffentlichen Diskussion ein umfassendes Konzept für den Umgang mit sozialistischen Denkmälern erarbeiten soll. Dieser Kommission hatte gestern der Kulturausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses zugestimmt. Allerdings soll die Entscheidung über das Lenin-Denkmal ausdrücklich ihrer Kompetenz entzogen werden.

»Wir schlagen darüber hinaus der Kommission vor«, heißt es in der Presseerklärung, »das Lenin-Denkmal als eine ‘Denk-Stätte‚ des kreativen Umgangs mit Geschichte und Gegenwart zu nutzen (...), daß das Denkmal im jährlichen Wechsel einem/r Künstler/in zur künstlerischen Verwandlung überlassen wird.«

CDU und FDP hatten sich indessen in der Sitzung am Dienstag für einen sofortigen Abriß ausgesprochen. Klaus Landowsky (CDU) bezeichnete die Real-Montage am Lenin-Denkmal als »einen Akt politischer Verwirrung«. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) will nicht nur das Lenin- Denkmal schleifen, auch der Palast der Republik und das Außenministerium sollten aus dem Stadtbild verschwinden. Wörtlich: »Repräsentanten von Diktaturen, in denen Menschen verfolgt und ermordet wurden, haben aus meiner Sicht im Stadtbild nichts zu suchen.«

Am Montag abend hatten sich 200 Anwohner am Leninplatz in einer Anwohnerversammlung gegen den geplanten Abriß verwahrt. Weiterhin sollten dem Senat über 1.000 Unterschriften vorgelegt werden, die sich gegen die als »Demütigung der Verlierer« charakterisierte Abriß- und Umbenennungswut von »Personen der Geschichte« wenden. Das Ansinnen vom Berliner Senat, eben jene unliebsamen Facetten der deutsche Geschichte lupenrein zu entsorgen, ist in den Augen der Bürger ein »Akt der Arroganz der Macht« und erinnere in fataler Weise an bereits begangene Reinigungsaktionen.

Der Landesvorsitzende der SPD, Momper, warnte gestern in einer aktuellen Diskussion ebenfalls vor Bilderstürmerei. »Im Falle des Lenin- Monuments plädiere ich dafür, daß es als Mahnung erhalten bleiben soll, aber nicht so, wie es jetzt ist. Beauftragen wir doch den amerikanischen Verpackungskünstler Christo, sich an Lenin zu versuchen. Christo verpackt Lenin — als Zeichen der Überwindung der Vergangenheit, die aber unter dem Neuen weiter erkennbar bleibt.«

Auch vom Standpunkt der Berliner Denkmalschützer ist das forcierte Abrißbegehren des Senats bedenklich. Wie Christine Hoh-Slodczyk erklärte, stehe das Denkmal unter Schutz, und ihre Behörde könne und werde keine Zustimmung zur Zerstörung geben. abc