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Leistungsschutzrecht-Debatte„BDI lässt sich von Google einspannen“

Deutschlands Zeitungsverleger schalten um auf Attacke. Harte Worte gegen den BDI, weil der immer noch Bedenken gegen das geplante Leistungsschutzrecht hat.

Dietmar Wolff, Geschäftsführer des Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, echauffiert sich. Bild: dpa

BERLIN taz | Endlich hatten sich die Verleger mit ihrem Leistungsschutzrecht am Ziel geglaubt: Ein Kabinettsentwurf liegt vor, doch dann kam schon wieder der BDI als Bedenkenträger um die Ecke. Jetzt sind die Herren der Zeitungen mit ihrer Geduld am Ende: „Der deutsche Industrieverband Nummer Eins lässt sich vor den Karren von Google spannen“, retourkutschte Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff vom Bundesverband Deutscher Zeitungsvereleger (BDZV) am Dienstag bei der Jahrespressekonferenz der Verleger.

Selten hat BDZV so scharf geschossen: Der BDI mache sich zum Komplizen eines Unternehmens, „das unsere Inhalte gratis nutzt, damit ordentlich Geld macht und seine Gewinne dann nicht mal in Deutschland, sondern in ausländischen Steuerparadiesen versteuert“, schäumte Wolff und fragte: „Ist das gute deutsche Industriepolitik?“

Dabei, so Wolff, habe der BDI doch erst eben beim „Tag des geistigen Eigentums“ im April nochmal die Forderung „Geistiges Eigentum konsequenter sichern“ erhoben. Es sei „frappierend, wie der BDI seine Schützer-Mentalität ablegt, wenn es um die kostenlose Nutzung unserer Inhalte durch seine Mitglieder geht“, krittelte Wolff. Der BDI fürchte um die Artikel-Nutzung in den firmeninternen Intranets der Unternehmen: „Hier wird in Sachen Urheberrecht mit zweierlei Maß gemessen“.

„Eine abgespeckte Version“

Dabei, machte Wolff klar, habe der BDI das geplante Leistungsschutzrecht wohl immer noch nicht verstanden. Der Gesetzentwurf, der am morgigen Mittwoch oder in der kommenden Woche noch rasch vor der Sommerpause im Kabinett verabschiedet werden soll, sei ja ohnehin nur „die kleine Lösung“ und im Vergleich zu anderen Leistungsschutzrechten in der Musik- oder Filmbranche lediglich „eine abgespeckte Version“.

Nur für „gewerbliche Nutzung“ von Pressenangeboten müsse künftig gezahlt werden, und diese gewerbliche Nutzung sei anders als vom BDI behauptet auch nicht „unklar formuliert“. Was „gewerbliche Nutzung“ darstelle, sei bereits in anderen Leistungsschutzrechten wie dem für Datenbankanbieter „rechtlich eindeutig geregelt“.

Von weiteren Gesprächen mit dem BDI hält der BDZV wenig: Man habe lange zwischen den Verbänden verhandelt, sagte Wolff. Auch jetzt sei man dazu bereit - aber „viel Wert hat das nicht.“ Die Verleger wünschen sich nun eine zügige Bearbeitung der von ihnen seit Jahren geforderten Rechtsreform im Kabinett und hoffen darauf, dass diese dann gleich nach der Sommerpause im Bundestag auf den gesetzgeberischen Weg gebracht werden kann. Doch hier sind Zweifel angebracht: Denn gegen das Leistungsschutzrecht ist nicht nur der BDI - und im Parlament dürften die Kritiker alle noch einmal zu Wort kommen.

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6 Kommentare

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  • S
    schreiber

    also wen ich google wäre ... ich würde die verleger die den sinn bei googlenews nicht verstanden haben von der kostenlosen werbung (verlinkung des artikels) einfach ausschließen. dann sollen die doch selbst sehen wie sie an ihre leser von morgen kommen.

  • MS
    Michael Schöfer

    Das Leistungsschutzrecht ist eine Bedrohung für die Meinungsfreiheit, weil jede mittelbare oder unmittelbare gewerbliche Nutzung von Nachrichten entweder gebührenpflichtig wird oder von den Presseverlagen untersagt werden kann. Als gewerblich definiert der Referentenentwurf wiederum "jede Nutzung, die mittelbar oder unmittelbar der Erzielung von Einnahmen dient". Angeblich soll die private Nutzung von Presseerzeugnissen nicht beeinträchtigt werden, aber durch die unpräzisen Formulierungen des Gesetzes könnten auch private Blogger vom Leistungsschutzrecht betroffen sein, etwa wenn sie selbst oder ihr Provider ein Werbebanner einblenden. Unmittelbare oder mittelbare Erzielung von Einnahmen! Rechtliche Unsicherheit ist jedenfalls Trumpf. Es ist folglich mit einer Abmahnwelle zu rechnen, die viele Blogger zum Aufgeben zwingen wird, denn wer kann sich horrende Anwalts- und Gerichtskosten leisten. Kaum jemand.

  • R
    rolfmueller

    Hat schon mal jemand von den Telefonbuchverlagen eine Beteiligung an den Anzeigenerlösen der Telefonbücher verlangt? Ein Leistungsschutzrecht ist so weit her geholt wie eine Schönwettersteuer. Wenn etwas gestärkt werden muss, dann die Stellung der Urheber gegenüber den Verwertern, aber davon will die Medienmafia natürlich nichts wissen.

  • M
    Marcy

    Ist schon bemerkenswert, was da an Bullshit aufgetischt wird. Wen bitte will man mit solchen Argumenten verarschen?

     

    Auf der einen Seite verlangt man von Suchmaschinen, dass diese für Snippets(!) auf ihren Ergebnissiten bezahlen, die sich durch einfachste Mittel (robots.txt, meta-tags) deaktivieren liessen. Auf der Anderen leitet z.B. ein Herr Keese irgendwo noch eine Pflicht(!) der Suchmaschinen her, all diese Angebote zu indizieren. Suchmaschinen sind also gezwungen, den Verlagen Klickvieh zu liefern (gratis versteht sich) und sollen dafür auch noch bezahlen... natürlich ist das ein grandioses Geschäftsmodell für die Verlage.

     

    Das Chaos, das entsteht, wenn selbst das setzen eines Links mit einer URL, die Teile der Überschrift eines Artikels enthält, kostenpflichtig werden kann, will ich mir gar nicht vorstellen.

     

    Und zum Thema Nutzung fremder Inhalte: Wenn hier wer das Internet zur Gratis-Selbstbedienungstheke erklärt hat, dann sind das genau die Verlage, die gerade nach dem LSR brüllen. Für die sind doch Youtube, Facebook, Google-Bildersuche, etc. ein wahres Gratisparadies.

     

    Den Verantwortlichen hat man, mit Verlaub, ins Hirn...

  • KS
    Klaus Schmitz

    Die Verleger, hier Hauptsächlich Springer, Burda und Mohn haben doch unsere Regierung in erpresserischen Weise vor ihren Karren spannen lassen (gebt uns was wir wollen oder wir schreiben euch weg). Hier laufen die selben Vorgänge wie bei den Meldeämterauskünften. Jeder kann Google mit einfachen Befehlen ausklammern, doch hier wird nur ein Konstrukt gesucht, für nichts einen monetären Gewinn zu erzielen, dass alles rechtsunsicher für Blogger und andere Verlinker. Die Verlage haben halt das Internet immer noch nicht verstanden und wollen mit diesem usseligen Gesetz den Status Quo halten und ggf. negative Stimmen über dieses Gesetz mundtot machen. Das ist übelste ZENSUR durch die Hintertüre.

  • S
    s3basti8n

    Hat sich schon mal jemand die Mühe gemacht und auf Googlenews die Werbebanner gezählt?

    Richtig dazu muss man gar nicht zählen können, da sind keine.

    Heise online und Spiegel reiben sich doch schon die Hände wenn es kein Googlenews mehr geben sollte, ich mach mir nicht die Mühe um bei irgend welchen Verlagen nach Informationen zu suchen.

    Wer nicht mehr auffindbar sein will kann die Googlebots doch einfach aussperren.

    Das lässt den Schluß zu das es nicht um Google geht sondern darum kleinen unabhängigen Bloggern richtig einen rein zu würgen und abzuzocken.

    So wird keine Meinungsvielfallt gewehrleistet.