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Leipziger PlatzLückenschluss am Leipziger Platz

Wo nun die Mall of Berlin steht, war einst das Wertheim. Mehr Gemeinsamkeiten gibt es nicht.

Mall of Berlin - auf dem Areal des ehemaligen Kaufhauses Wertheim. Bild: DPA

„Ein bemerkenswerter Zufall“ sei es, so Nils Busch-Petersen, Chef des Berliner Einzelhandelsverbands, dass die Eröffnung der „Mall of Berlin“ letztendlich auf Rosh ha-Schana gefallen sei, den jüdischen Neujahrstag. Das sei nie geplant gewesen, aber dennoch symbolisch. Schließlich, so Busch-Petersen, setze der Neubau auch in seiner Gestaltung ein „Erinnerungsmal für die Tradition der jüdisch geführten Kaufhäuser in Deutschland“.

Das Wertheim, das 1897 an derselben Stelle eröffnete, gehörte zu den „ungekrönten Kaisern“ Berlins, wie der Publizist Leo Colze 1908 schrieb – den großen Warenhäusern der Familien Tietz, Jandorf und eben Wertheim. Nach der Enteignung durch die Nazis, die teilweise Zerstörung im Krieg, dem Abriss der Ruinen in den 50er Jahren und dem Dasein an der Mauer scheiterte 1998 ein Projekt des Münchner Investors Kottmaier.

Nun hat der Projektentwickler Harald Huth, der schon das Steglitzer „Schloss“ gebaut hatte, auf dem 22.000 Quadratmeter großen Grundstück 76.000 Quadratmeter „Retailfläche“ errichtet nebst Hotel, Büros und Wohnungen. Das entspricht etwa den Wertheim-Dimensionen, aber mehr Gemeinsamkeiten gibt es nicht: Die „Mall of Berlin“ ist wie alle anderen Einkaufscenter ein Konglomerat von Filialisten – und in diesem Fall die Kulisse für die Durchwegung eines kleinen privaten Stadtquartiers.

Wie Investor Huth der Berliner Morgenpost verriet, plant er schon die „zweite Ausbaustufe“, um „weitere 50 Geschäfte auf 20.000 Quadratmetern“ anzusiedeln – die Expansion soll auf dem Leipziger Platz erfolgen. Von einer „Kannibalisierung“ anderer Center, namentlich der Potsdamer Platz Arkaden, könne nicht die Rede sein.

Auch Nils Busch-Petersen glaubt nicht, dass das Ende der Fahnenstange erreicht ist – obwohl die „Mall of Berlin“ nach konservativer Zählweise bereits Einkaufszentrum Nr. 65 ist. „Das Bessere ist immer der Feind des Guten.“ Auch habe es keinen Zweck, den Kunden auf der Suche danach zu kujonieren. Eine „Herausforderung“ für ihre Mitbewerber sei die neue Mall sicherlich, aber eine „positive“.

Darüber hinaus will Busch-Petersen die geschlossene Lücke „nicht nur unter Retail-Gesichtspunkten“ betrachten. „Man muss einfach sehen, was da an Stadtbild zurückkehrt.“ Der Investor habe das historische „Oktogon“ des Leipziger Platzes vollendet. Dennoch ist der Verbandschef Realist: „Das Entrée ist wieder da, der Rest wird nicht mehr entstehen.“

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