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Leiharbeiter bei der Meyer-WerftKritik nach tödlichem Brand

In Papenburg verbrannten zwei rumänische Arbeiter in einer Wohnunterkunft. Sie waren bei der örtlichen Meyer-Werft beschäftigt und von der Emdener Firma SDS vermittelt. Nun wird Kritik an ihren Arbeits- und Wohnbedingungen laut

Ein Werk von Leiharbeitern, Werksvertraglern oder Festangestellten ? Bei der Meyer-Werft gibt es alles Bild: Simone Schnase

HAMBURG taz | Die Meyer-Werft geht in die Offensive. Als „völligen Unsinn“ bezeichnet Unternehmenssprecher Peter Hackmann die gegen die Werft und das Emdener Subunternehmen SDS nach einem tödlichen Brand in einer Unterkunft für „Leiharbeiter“ in Papenburg (Landkreis Emsland) erhobenen Vorwürfe. Die dort untergebrachten Arbeiter, von denen zwei bei dem Brand ums Leben kamen, waren bei der Meyer-Werft eingesetzt und an diese von SDS vermittelt worden. Der SDS-Bevollmächtigte Mustafa Salahin kündigte gegenüber der taz „rechtliche Schritte gegen die Osnabrücker Zeitung“ an, die „Lügen in die Welt gesetzt“ habe, ohne dass von ihr überhaupt „jemand mit mir gesprochen hat“.

In einem Bericht der Zeitung von Dienstag ist mit Verweis auf anonyme Quellen davon die Rede, dass die meist bulgarischen und rumänischen Monteure „in sklavenähnlichen Zuständen“ gelebt hätten. Die Bewohner des Brand-Hauses seien „nicht versichert“ gewesen und hätten ihre Papiere bei dem Subunternehmer abgeben müssen. Zudem ist ihnen laut dem Bericht ein Stundenlohn von gerade mal drei Euro ausgezahlt worden.

SDS und Meyer bestreiten diese Vorwürfe nun vehement. Werftsprecher Peter Hackmann betont, dass alle erhobenen Vorwürfe nach seiner Kenntnis „schlicht falsch“ seien. Die in der Unterkunft untergebrachten Männer seien zum einen im arbeitsrechtlichen Sinne „keine Leiharbeiter“, sondern „sozialversicherungspflichtig Beschäftigte“ der Emdener Firma SDS, mit der Meyer Werkverträge über bestimmte Leistungen, „wie zum Beispiel 1.000 Monteursstunden“ abschließe.

Die Meyer-Werft

Die Meyer-Werft wurde 1795 als Holzschiffswerft gegründet. Das Unternehmen ist in siebter Generation in Familienbesitz.

In Papenburg gab es bis 1920 etwa 20 Werften. Nur die Meyer-Werft überlebte.

1997 übernahm die Werft die 1850 als "Maschinenbauanstalt und Schiffswerft" gegründete Neptun-Werft in Rostock.

Im Februar 2011 wurde ein Vertrag mit Royal Caribbean Cruises für ein Kreuzfahrtschiff mit Ablieferung im Herbst 2014 unterzeichnet.

Die Behauptung, ihnen würden die Pässe abgenommen, sei „absurd“. Hackmann: „Was soll es in einem freizügigen Europa bringen, rumänischen oder bulgarischen Arbeitern die Pässe abzunehmen?“

SDS-Mitgesellschafter Sahinler bestätigt Hackmanns Angaben. Alle Arbeiter seien „angemeldet, gut ausgebildet und versichert“ gewesen, sie hätten von SDS „acht bis zehn Euro Stundenlohn netto“ erhalten. Folglich wolle er sich „den Ruf unserer Firmen nicht durch Presselügen kaputtmachen“ lassen.

Kritik gab es inzwischen von mehreren Seiten. So sprach die Vorsitzende des Osnabrücker Katholikenrats, Agnes Holterhus, am Dienstag unter Bezugnahme auf den Brand von einem „Sumpf mafiöser Subunternehmen“, einem „Missbrauch von Werkverträgen“ und „katastrophalen Wohnbedingungen in dem Haus“. Schon in den vergangenen Tagen waren Vorwürfe laut geworden, das Brandhaus sei mit bis zu 30 Bewohnern hoffnungslos überbelegt gewesen.

Das Wohnhaus sei, so kontert Hackmann die Vorwürfe, „bestimmt keine Massenunterkunft“ gewesen. Auf 400 Quadratmetern hätten bei Ausbruch des Brandes dort 14 Personen gelebt, zwölf von ihnen seien anwesend gewesen.

„Wir diskutieren das Thema der Unterbringung ständig mit unseren Partnern und sehen da genau hin“, beteuert Hackmann. Trotzdem mag er nicht ausschließen, dass „unter den Partnern“, die der Werft Arbeitskräfte vermitteln, „auch mal ein schwarzes Schaf“ sei. Betriebsrats-Chef Thomas Gelder forderte die Werftleitung dagegen zu Gesprächen mit SDS auf, um sicherzustellen, dass in Zukunft alle Arbeiter „vernünftig untergebracht“ würden.

Derzeit arbeiten bei Meyer 290 Leiharbeiter und etwa 1.500 Arbeiter von Unternehmen wie SDS, mit denen Meyer Werkverträge unterhält. „Ohne solche Verträge könnte keine einzige Werft existieren“, betont Hackmann. Der Vechtaer Prälat Peter Kossen spricht hingegen von einem „diabolischen System moderner Sklaverei“.

Unterdessen sind die Brandermittler weiter auf der Suche nach der Ursache für das Feuer. Der Emsländer Polizeisprecher Achim von Remmerden teilte am Dienstag mit, fest stehe nur, dass der Brand im Erdgeschoss, im Bereich einer ehemaligen Sauna ausgebrochen sei. „Dieser Erkenntnisstand wird sich wohl auch in den kommenden Tagen nicht präzisieren“, sagte der Polizeisprecher.

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3 Kommentare

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  • L
    Lambert

    Ich arbeite in besagtem Unternehmen. Bereits zu Zeiten meiner Ausbildung wurden Lackier-/Maler-, Lackier- und Isolierarbeiten von osteuropäischen Leiharbeitern ausgeführt. Heute übernehmen sie bereits komplexere Aufgaben wie den Einbau von Ausrüstung und Rohrleitungen, Schweiß-, Richt-, Brenn-, und Schneidarbeiten am Schiffskörper, wodurch die Stammbelegschaft nach und nach ersetzt wird. Sie sind für das Unternehmen billige Arbeitskräfte und dienen nebenbei als Drohkulisse für die Stammbelegschaft, der man vor Kurzem problemlos eine halbe Stunde Gratisarbeit am Tag aufbrummen konnte. Die Leiharbeiter werden morgens mit 9-Sitzigen Transportern -besetzt mit bis zu 14 Personen!- zur Werft chauffiert. Um deren Arbeitsschutz und Sicherheit kümmert sich niemand, sie bringen Isolierungen aus Glas- und Steinwolle ohne Atem-/Hautschutz an, lackieren in Atmosphären ohne Absaugung und haben keinen Kontakt zur restlichen Belegschaft, Meyer-Mitarbeiter machen ihnen nicht einmal Platz wenn man ihnen im Weg steht, sie werden behandelt wie Menschen dritter Klasse, Menschen zweiter Klasse sind auf der Werft deutsche Leiharbeiter. Die angeblichen Löhne von 3-4€/h kann ich bestätigen, Gerüchten zu Folge teilen sich zwei Arbeiter jeweils einen Arbeitsanzug samt Stiefeln. Laut Aussagen vom Führungspersonal werden bereits fleißig neue osteuropäische "Fachkräfte" angeworben.

    Angeblich will der Betriebsratsvorsitzende von nichts gewusst haben, was mich nicht wundert, denn seine Vorgänger sitzen inzwischen in hochbezahlten Posten (Personaldirektor, Fachbereichsleiter Ausbildung,...) auf der Werft.

  • K
    Kaboom

    Muahahaha, janee ist klar. Nicht per Leiharbeit, sondern per Werkvertrag (was real bedeutet, dass die Meyer-Werft keinen einzigen Cent an Sozialabgeben für diese Leute zahlt) ausgebeutet.

     

    Und wenn die Meyer-Werft nicht existieren kann, obne dass Mitarbeiter systematisch abgezockt werden, zu Hungerlöhnen angestellt werden, etc, dann soll sie zumachen. Die Würde des Menschen ist wichtiger als der Profit.

  • G
    Gewerkschafter

    Na, bereits bei den Zitaten zeigt sich doch, dass die Meyer-Werft kriminell gehandelt hat. Der Werkvertrag ist ein Konstrukt, dass rechtlich gesehen auf äußerst wackeligen Beinen steht. Der Werkvertrag wird im klassischen Sinne wie folgt verstanden:Ein Mann hat einen sehr schönen Anzugstoff mit Accessoirs gekauft. Er möchte sich daraus einen Anzug beim Schneider bauen lassen. So kommt ein Vertrag zustande, indem der Schneider aus dem vorliegenden Material einen Maßanzug für den Vertragspartner erstellt und dafür ein Entgelt erhält. Diese Vertragsart ist der Werkvertrag. Rumänische Arbeiter sind weit davon entfernt ein Anzugsstoff oder ein Knopf zu sein. Aber die neoliberale Sichtweise kommt dabei sehr deutlich ans Tageslicht: der Mensch ist eine Sache. Daraus ergibt sich aber, dass bei der Behandlung des Menschen als eine Sache ein Verstoß gegen die Menschenwürde erfolgt. Somit betrachtet die Meyer-Werft diese Mitarbeiter als Sachen und macht sich damit strafbar.

     

    Dass es so weit kommen konnte, liegt einzig und allein an den herrschenden Parteien, die sich einer Ideologie bedienen, die offenbar zwischen Ober- und Untermenschen differenziert. Der Gesetzgeber kann sehr einfach diese Form der Arbeitnehmerüberlassung als ungesetzlich erklären. Das will aber offenbar niemand, denn die Ausbeutung von Fremdarbeitern hat ja eine lange Tradition in Deutschland und die Volksparteien lieben Traditionen.