: Leichen im Keller
■ Zur Handlungsunfähigkeit der USA im Nahen Osten
Leichen im Keller Zur Handlungsunfähigkeit der USA im Nahen Osten
Oberflächlich betrachtet, stehen die Chancen für eine friedliche Lösung des arabisch-israelischen Konfliktes im Nahen Osten so gut wie nie zuvor. In Tel Aviv ist eine konservative Regierung an der Macht, die — und nur die allein — eine Lösung der Palästinenserfrage herbeiführen könnte. Die arabischen Alliierten stehen nach dem Golfkrieg in der Schuld der USA. Und Präsident George Bush genießt daheim eine Popularitätswelle, die seine Abhängigkeit von den jüdischen US-Wählern stark reduziert hat. Dies also wäre die Gelegenheit für die Bush-Administration mit einer aggressiven Nahost-Politik das arabische wie das israelische Lager zu bisher verweigerten Konzessionen zur Lösung der Palästinenserfrage zu zwingen.
Doch ganz so einfach ist die Situation denn doch nicht. Vor allem die Möglichkeit, Israel durch politischen Druck an den Verhandlungstisch zu zwingen hat — ohne daß dies in der Öffentlichkeit bemerkt wurde — eher ab- als zugenommen. Zwar hat sich die Bush-Administration seit ihrem Amtsantritt weitaus israel-kritischer verhalten, als die mit ausgewiesenen Israel-Freunden besetzte Riege Ronald Reagans. Auch ist bekannt, daß zwischen George Bush und dem unnachgiebigen Schamir nicht gerade ein inniges Liebesverhältnis besteht und, daß zudem Außenminister Baker an der Haltung Israels verzweifelt. Aber die Frustrationen im Weißen Haus und im Außenministerium über Israel haben bisher ebensowenig zu einer ernsthaften politischen Einflußnahme auf den Verbündeten im Nahen Osten geführt wie zur Amtszeit Reagans.
Der Handlungsspielraum für die amerikanische Nahost-Politik ist offensichtlich beschränkter als je zuvor. Der Grund liegt in der Figur des George Bush und der schmutzigen Vergangenheit beider republikanischer Administrationen. Wenn die jetzt neu genährten Anschuldigungen gegen die Reagen-Mannschaft, inklusive George Bush, richtig sind, dann könnte die Regierung Schamir den US- Präsidenten jederzeit mit Enthüllungen über seine Rolle in dem Geisel-Handel von 1980 hochgehen lassen. Hier, wie auch in der Iran-Contra-Affäre, haben die Israelis als waffenschiebende Mittelsmänner intime Kenntnisse über die Verwicklung Bushs in die illegalen Händel mit Teheran. Bei der Beobachtung und Analyse der neuesten Baker- Mission im Nahen Osten und allen zukünftigen Versuchen der USA, auf die gegnerischen Lager in der Palästinenserfrage Einfluß zu nehmen, muß jedenfalls immer die doppelte politische Erpressbarkeit der Bush-Administration durch Israel mitgedacht werden. Rolf Paasch
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