Lehrer fallen durch eigene Prüfungen: Setzen, sechs!
Peinlich: Im nigerianischen Bundesstaat Kaduna scheitern drei Viertel der Grundschullehrer an ihren eigenen Prüfungen – das war nicht immer so.
COTONOU taz | Sie sollten die Grundrechenarten beherrschen, kopfrechnen können, einfache Textaufgaben verstehen und lösen sowie ein wenig Basiswissen über nigerianische Literatur haben: Grundschüler der vierten Klasse in Nigeria, und ihre Lehrer erst recht. Zumindest im Bundesstaat Kaduna ist das offenbar anders.
In dem mehrheitlich muslimischen Bundesstaat sind nach einem Bericht der Zeitung Daily Trust gerade 1.300 Grundschullehrer durch einen Mathe- und Literaturtest gefallen, der eigentlich für ihre Schüler zum Abschluss des vierten Grundschuljahres bestimmt ist.
Teilgenommen hatten 1.600 Lehrer. Genau einer von ihnen erreichte 75 Prozent. 1.300 Lehrer aber konnten nicht einmal jede vierte Aufgabe richtig lösen. Wenig tröstend ist, dass das Ergebnis für die 1.800 Grundschüler noch schlechter ausfällt.
Ganz überraschend ist das nicht. Erst im November waren 2.000 nigerianische Lehrer mit gefälschten Zeugnissen aufgeflogen, die nie hätten Lehrer werden dürfen. Etwa die Hälfte von ihnen hatte gar keine Qualifikation. Ein Jahr zuvor, so ein Bericht der Tageszeitung Vanguard, wurden schon einmal 18.000 Lehrer mit falschen Papieren entlassen.
Frühere Kaderschmiede
Früher galt Nigeria als Bildungsvorreiter in Westafrika. Traditionsuniversitäten wie die in Zaria, die Ahmadu Bello University, die Obafemi Awolowo University in Ile-Ife oder die von Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka in seinen Memoiren verewigte University of Ibadan waren nach der Unabhängigkeit 1960 intellektuelle Kaderschmieden. Das ist lange her.
Wer es sich heute leisten kann, schickt sein Kind ins Ausland. Begehrt sind Schul- und Hochschulplätze in den USA und in Großbritannien, auch in Ägypten, Malaysia und sogar Ghana. Die Ausbildung dort gilt als besser, außerdem streiken die Dozenten nicht ständig.
Schuld an der Misere sind sowohl Geldmangel als auch die islamistische Terrorgruppe Boko Haram. Das meint zumindest Ishaya Dary Akau, Vorsitzender des staatlichen Gremiums für Basisausbildung in Kaduna.
Seiner Ansicht nach schließen sich Jugendliche Boko Haram deshalb an, weil sie nicht ausreichend schulisch ausgebildet sind. Boko Haram heißt „Westliche Bildung ist Sünde“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen