: Legalisiertes Lynchen
■ Mittellose Todeskandidaten werden in den USA oft dilettantisch verteidigt
Washington (AP) — John Young wurde im US-Staat Georgia von einem drogenabhängigen Anwalt vertreten. Kurz nachdem Young zum Tode verurteilt wurde, kam sein Ex-Anwalt wegen Drogenmißbrauchs hinter Gitter. Young legte Protest gegen sein Todesurteil ein: sein Verteidiger habe ihn nicht wirkungsvoll vertreten. Das Gericht wies den Antrag zurück — Young wurde 1985 hingerichtet. Der Verteidiger von Larry Heath erschien erst gar nicht vor dem obersten Gerichtshof Alabamas. Heath wurde 1992 exekutiert. Der Anwalt von Calvin Burdine schlief während des Prozesses wiederholt ein. Burdine sitzt in Texas in der Todeszelle.
Die Fälle stammen aus einem kürzlich vorgelegten Bericht des „Todesstrafen-Informationszentrums“, das sich für die Belange von Todeskandidaten einsetzt. Fazit: Die Angeklagten in Kapitalprozessen werden oft in dilettantischer Weise verteidigt — vor allem, wenn sie sich keinen Rechtsbeistand ihrer Wahl leisten können und mit einem Pflichtverteidiger Vorlieb nehmen müssen.
„Es wird alles noch viel schlimmer werden“, prophezeit der Rechtsexperte Stephen Bright. Bislang konnte gegen die von den Staatsgerichtshöfen verhängten Todesurteile vor einem Bundesgericht Berufung eingelegt werden. Doch der Kongreß will dieses Verfahren jetzt beschneiden. Zwanzig Zentren, in denen die zum Tode verurteilten Häftlinge bei der Anfechtung ihres Urteils beraten wurden, sind bereits die bundesstaatlichen Mittel gestrichen worden. Oberflächliche Prozesse, die nicht viel mehr seien als legalisiertes Lynchen, könnten bald nicht mehr angefochten werden, und auch das „letzte Feigenblatt der Fairneß“ werde fallen, fürchtet Bright.
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