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Legaler HandelDiamantenindustrie schließt Löcher

Das Treffen des "Kimberley-Prozesses", der internationale Regeln für den legalen Diamantenhandel festlegt, beschließt die Wiederaufnahme von Kongo-Brazzaville.

Schmuggelware, Finanzierungshilfe für Rebellen? Viel über ihre Diamanten wissen Träger meist nicht. Bild: rtr

BRÜSSEL taz Das erste Land, das wegen der Unzulänglichkeit seiner Kontrollen aus dem legalen internationalen Diamantenhandel ausgeschlossen wurde, darf wieder mitmachen. Kongo-Brazzaville wurde von dem jetzt beendeten Brüsseler Gipfeltreffen des Kimberley-Prozesses nach drei Jahren Abwesenheit wieder in seine Reihen integriert. Der Kimberley-Prozess ist ein freiwilliges Regelwerk von 46 Ländern, die Diamanten produzieren oder kaufen, dazu der EU und ihrer Mitgliedstaaten sowie von Vertretern der Bergbauindustrie und der Zivilgesellschaft. Es sieht vor, dass nur solche Diamanten legal gehandelt werden dürfen, die ein unter strengen Bedingungen ausgestelltes staatliches Herkunftszertifikat tragen - das soll vor allem Rebellen daran hindern, sich über Diamantenschmuggel zu finanzieren.

Kongo-Brazzaville war 2004 ausgeschlossen worden, weil es viel mehr Diamanten mit staatlichen Zertifikaten versah, als es selbst produzierte. Ermittlungen des Kimberley-Prozesses hatten ergeben, dass der Überschuss hauptsächlich aus Schmuggelware aus der benachbarten Demokratischen Republik Kongo bestand.

Die Wiederaufnahme des Landes war nicht einfach, sagt der derzeitige Präsident des Kimberley-Prozesses, der Tscheche Karel Kovanda, zugleich Vize-Generaldirektor für Außenpolitik in der EU-Kommission. Sie sei erst kurz vor Schluss des Gipfels beschlossen worden. Den Ausschlag gab, dass die Regierung in Brazzaville einer unabhängigen Evaluierung seiner Diamantenförderkapazität zustimmte.

Die Wiederaufnahme Kongo-Brazzavilles folgt auf die Aufnahme Liberias dieses Jahr. Die Elfenbeinküste soll nun folgen. Seit dem Friedensabkommen vom März, das die Rebellen des Landes in die Regierung integrierte, könne von einem Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste keine Rede mehr sein, so Kovanda. Ursprünglich war es allerdings die Regierung der Elfenbeinküste gewesen, die die Nichtteilnahme ihres Landes am Kimberley-Prozess verlangt hatte, damit die Rebellen sich nicht aus den Diamantenminen in den von ihnen beherrschten Gebieten finanzieren können. Auch gelten UN-Sanktionen gegen den Diamantenhandel der Elfenbeinküste.

Das alles rückgängig zu machen, ist kompliziert: Der Kimberley-Prozess muss bescheinigen, dass die Regierung der Elfenbeinküste alle für eine Aufhebung der Sanktionen nötigen Schritte unternommen hat; dann kann der UN-Sicherheitsrat die Sanktionen aufheben, und danach kann die Elfenbeinküste ihre Mitgliedschaft im Kimberley-Prozess beantragen.

Ein Großteil der Debatten in Brüssel drehte sich nicht um afrikanische Diamanten, sondern um Venezuela. Die britische Organisation "Global Witness" hat auf der Grundlage von Recherchen der kanadischen "Partnership Africa Canada" das Regime von Hugo Chávez der "flagranten Nichteinhaltung" der Regeln des Kimberley-Prozesses bezichtigt. Es würden Diamanten nach Guyana und Brasilien geschmuggelt, das Land gehöre aus dem Prozess ausgeschlossen.

Die Diamantenindustrie sah das gelassener. Ja, es würden Flussdiamanten aus Venezuela mit der Komplizität des Militärs außer Landes geschmuggelt, sagt ein Industrieller aus Belgiens Diamantenmetropole Antwerpen; und solcher Schmuggel könne der Geldwäsche für das organisierte Verbrechen dienen. Aber die Kampagne von Global Witness "zielt indirekt auf die Person Hugo Chávez, schwarzes Schaf der USA". Man erinnert sich in der Diamantenbranche gut an die Ursprünge des Kimberley-Prozesses - in einer Kampagne von Global Witness gegen Angolas Rebellenführer Jonas Savimbi um die Jahrtausendwende.

Venezuela ist diesmal davongekommen. Angola und Russland sperrten sich gegen einen Ausschluss. Allerdings stimmte das Land einer Inspektion durch den Kimberley-Prozess zu und soll bis dahin in seiner Diamantenförderung Ordnung schaffen.

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