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Lebendig kreatives Miteinander

■ Das Signet ist geblieben, doch „das taxi“ führt längst kein Regenbogen-Dasein mehr

„Allen muß man nicht gefallen“ - ein Slogan von „das taxi“, der wiederum immer mehr Kunden gefällt. Eine halbe Million Anrufe bearbeitet die Funkzentrale von „das taxi Funk & Service e. G.“ inzwischen im Jahr. Eine Expansion, die sich die UnternehmerInnen, FahrerInnen und Funkerinnen 1986 nicht erhoffen konnten, als sie - begründet in zivilem Ungehorsam - ihre alten Funkzentralen verließen und „das taxi“ gründeten. Sie hatten gegen das Verbot der politischen Meinungsäußerung die Eingekesselten auf dem Hamburger Heiligengeistfeld zugkräftig unterstützt.

Um der kapitalen Hierarchie von vornherein keinen Raum zu bieten, wurde der Betrieb als Genossenschaft aufgebaut. In seiner Form bis heute einzigartig in der Branche: FahrerInnen und UnternehmerInnen bilden paritätisch die Genossenschaft und stimmen zweimal jährlich in Generalversammlungen über die Geschäftsziele ab. Dabei ist ein Betrieb entstanden, der sich in einer traditionell bürgerlich besetzten Wirtschaftsbranche seinen festen Platz geschaffen hat.

Wie gestaltet sich daneben der in der Satzungspräambel ausgesprochene Wunsch nach „...der Lebendigkeit eines kreativen, demokratischen Miteinanders“?

Die Räume in der Humboldtstraße sind rund um die Uhr belebt und offen für alle. Ein leger gestaltetes Miteinander von High-Tech-Büro, Funkzentrale und Gesprächsecke. Im großzügigen Foyer für interne Sitzungen paddelt neben dem hauseigenen Zigarettenautomaten ein fülliger Hecht im Aquarium.

Die modern eingerichtet Zentrale ist das „Herz“ des Betriebes. Die Touren-Vermittlung geschieht nach wie vor mündlich, obgleich ein durchdachtes EDV-System zur Verfügung steht. Doch das ist der Datenverwaltung vorbehalten. Der persönliche Kontakt zwischen FahrerInnen und FunkerInnen ist so ein Stück Lebendigkeit, die dem computergesteuerten Display im Armaturenbrett vorgezogen wird. Und von hier aus werden spontane Aktionen wie Taxiblockaden oder Solidaritätsfahrten für Nicaragua koordiniert.

Die langjährigen Erfahrungen im Betriebsaufbau sowie das technische Know-how werden auch anderen Projekten zur Verfügung gestellt. So unterstützt „das taxi“ zum Beispiel die Hafenstraße mit kostenloser Genossenschaftsberatung.

Die Professionalität des Taxenbetriebes setzt sich in der Geschäftspolitik fort. In der Zusammenarbeit mit anderen Projekten wie Fupis oder Statt-Auto, Werbe-Partnerschaften mit Medien, Druck- und EDV-Gewerbe oder Kompensationsgeschäften mit Notdienstfirmen sehen die Genossenschaftler unternehmerische Zukunft und Zugewinn. Aber auch die Herausforderung an die MitarbeiterInnen, flexibel zu bleiben und ein hohes Niveau an Lern- und Innovationsfähigkeit zu entwickeln. „Wir investieren in qualifizierte Arbeitskräfte, der Rest läßt sich heute mit Computern bewältigen“, sagt Mario Menzerolf, seit zweieinhalb Jahren einer der drei Vorstände bei „das taxi“.

Nicht so die Konflikte. Bei rund 500 beteiligten Genossinnen und Genossen ergeben sich zwangsläufig Interessenunterschiede zwischen Unternehmern und Fahrern, Frauen und Männern, die nicht in einer zehnstündigen Generalversammlung geklärt werden können. Für ernsthafte Fälle von Unkollegialität oder kundenfeindlichem Verhalten gibt es den Ordnungsrat, dessen Möglichkeiten der Disziplinierung bis zum Ausschluß gehen können. Aber meist werden die kontroversen Fragen nach der Schicht in der Kneipe oder im „rebop“, dem Nachrichten - und Kulturmagazin von „das taxi“ diskutiert.

Rebop steht für Regenbogen-Presse - abgeleitet vom Regenbogen, demFirmenzeichen der Taxen-Genossenschaft. Und die Umweltverträglichkeit? „Der Kostendruck überdeckt bei weitem die Investitionsfähigkeit“, sagt Mario Menzerolf sibyllinisch und meint, daß für Katalysatoren oder Luftfilter nicht immer das nötige Geld vorhanden ist.

Sie sitzen eben nicht im Elfenbeinturm, sondern stehen mit ihren Wagen ganz entschieden auf der Straße. Da werden sie angreifbar bleiben. Elsa Rosenbergher

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