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Laufzeitverlängerung für AtomkraftwerkeSPD spielt auf Zeit

Jürgen Rüttgers bleibt geschäftsführend Ministerpräsident in NRW und die SPD überlegt: Wie kann sie eine Verlängerung der Laufzeiten verhindern?

"Wir wollen Gestaltungsanspruch realisieren" - Wie das geschehen soll, bleibt Nahles schuldig. Bild: dpa

Schwammige Aussagen machen Politiker üblicherweise dann, wenn Debatten hinter geschlossenen Türen so kontrovers geführt werden, dass die Öffentlichkeit möglichst gar nichts mitbekommen soll. In der SPD ist das gerade der Fall. Denn als Andrea Nahles am Montag in Berlin vor die Presse tritt, ist ihr zur nordrhein-westfälischen Regierungsbildung kaum etwas zu entlocken. "Wir werden Hannelore Krafts Kurs den Rücken stärken", sagte die Generalsekretärin, "wir wollen Gestaltungsanspruch realisieren."

Wie das geschehen soll, bleibt Nahles schuldig. Am Wochenende hatte Landeschefin Hannelore Kraft Koalitionsgespräche mit CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers abgesagt, weil dieser nicht weichen will. Damit ist Kraft nun die erste gefühlte Wahlsiegerin in der deutschen Parlamentsgeschichte, die nach Sondierungen mit drei verschiedenen Parteien mit keiner Koalitionsgespräche führt.

Die SPD stellt dies vor ein Problem - ein Gestaltungsanspruch kann nicht eingelöst werden, der ungeliebte Jürgen Rüttgers bleibt geschäftsführend im Amt. Damit bleibt auch die Bundesratsmehrheit für Union und FDP - und die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke erscheint auf einmal durchsetzbar.

Die NRW-SPD werde alles tun, um "derartig katastrophale Fehlentscheidungen im Bundesrat" zu verhindern, sagte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel bereits im Tagesspiegel. Und auch Kraft sagte im Fernsehen, wenn dieses Thema in der Länderkammer anstehe, sei "sicherlich eine Situation gegeben, wo wir das auch überlegen müssten". Also doch eine Minderheitsregierung - zum richtigen Zeitpunkt.

Die Situation hat am Montag zu einer Frage geführt: Kann die schwarz-gelbe Bundesregierung die Laufzeitverlängerung verabschieden, solange Rüttgers noch im Amt ist - sprich: vor der Sommerpause, die am 12. Juli beginnt? Es bleiben schließlich nur noch drei Sitzungswochen.

In der Verwaltung des Bundestags heißt es: "Theoretisch kann das ruckzuck gehen." Doch die Zeit wird knapp für die Atomfreunde. Mal angenommen, die Regierungsfraktionen bringen den Gesetzentwurf diese Woche in den Bundestag ein. Nach der ersten Lesung geht er in die Ausschüsse. Dort können die Oppositionspolitiker die Anhörung von Experten verlangen. Dann ist schon Juli. Selbst wenn es keine Anhörung geben würde, wäre es eng. Würde das Gesetz im Juli nach der 3. Lesung verabschiedet, müsste es immer noch in den Bundesrat. Für die Beratung stehen den Ländern drei Wochen zu.

Auswege: Der Bundestag kann sie bitten, darauf zu verzichten, oder es gibt eine Sondersitzung in der Sommerpause. Der Ältestenrat des Bundesrats kann das entscheiden, wahrscheinlich ist es aber nicht.

Wenn die Zeit für Schwarz-Gelb nicht reicht: Planmäßig tagt der Bundesrat erst wieder am 24. September. Bis dahin wird sich in Nordrhein-Westfalen vielleicht etwas getan haben. Darauf spekuliert wohl auch die SPD.

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7 Kommentare

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  • T
    thafaker

    Naja, die Wunschkoalition in NRW war ja wohl RG und nicht RRG. Letztere Konstellation laut Umfrage vor Wahl gerade mal von knapp 10% in NRW gewollt. Ein bisschen tun mir die Genossen schon leid. Egal was Sie machen, gebasht von rechts und links wird immer.

     

    Frau Kraft hat mit jeder Partei sondiert und festgestellt, dass es mit der FDP und CDU keine programmatische Übereinstimmung gibt um eine Regierung zu bilden und die Linke in NRW sagen wir mal ein unzuverlässiger heterogener Haufen ist.

     

    Ich meine, dass die Thematik DDR bei den Sondierungen so hochgekocht ist, kam ja nicht von ungefähr, wenn man sich Äußerungen von einigen Vertretern der Linkspartei in NRW noch kurz vor der Wahl angehört hat. Und das Frau Kraft sich dann ungern von drei solchen unsicheren Faktoren tolerieren oder gar vorführen lassen möchte ist doch verständlich.

  • W
    Wolfgang

    Die Spezialdemokraten als Zuhälter des Systems.

     

    Ein Kommentar:

    "Ich kann mit gut vorstellen, dass sich im Falle eines Atomgaus unsere Atommanager sowie deren politische Steigbügelhalter ebenso verhalten wie Herr Tony Hayward!"

     

    Trotz alledem!

  • OW
    objektiver Wähler

    Warum wird jetzt wieder von Wählerwille geredet um die Linke mit ins Boot zu holen. Die Wähler haben sich doch für eine große Koalition entschieden und nicht für rot-rot-grün. Das zeigen die Stimmanteile doch eindeutig. Ob der Ministerpräsident nun von der CDU oder der SPD gestellt wird, ist auch nachrangig. Wichtig ist, dass man den Wählerwillen akzepiert und das Beste für das Land tut.

    Frau Kraft und die ganze NRW-SPD müssen dabei auch Zugeständnisse machen und nicht nur Forderungen an den möglichen Koalitionspartner richten.

  • J
    juan

    Die Sache ist einfach und banal: die SPD will keine linke Politik machen. Wenn sie durch die Linkspartei die erforderlichen Stimmen bekommen könnte, macht sie lieber Rückzieher.Dann wird irgendwas von Verantwortung und DDR gefaßelt und Leute wie Koch und Rütgers künstlich am Leben gehalten. Das ist der eigentliche Wortbruch.

  • J
    Jenkmän

    Schon peinlich, was sich die SPD in NRW erlaubt. Nur weil diese so spätrömisch dekadent ist und sich keinen Millimeter bewegen möchte, soll der Wähler leiden, in dem er zu Neuwahlen geht.

    Soll das die Demokratie sein, die Ihr haben wollt? So lange wählen bis das Ergebnis stimmt?

    Liebe Hannelore, bei dem ganzen Rumgezeter glaubst Du doch selbst nicht, dass Du bei einer Neuwahl noch irgendwelche Chancen hättest.

    Vertrag Dich mit den Linken, denn eigentlich seid Ihr beide ja sozial, oder?

  • S
    Sponti

    Für eine Laufzeitverlängerung wird die Zustimmung des Bundesrats nicht benötigt, weil die Länder damit keine neuen Aufgaben übertragen bekommen. Das BVG hat am 4.5. bezüglich der Luftfahrtbehörden analog entschieden. Daher ist die ganze Aufregung umsonst. Der Zug ist abgefahren.

  • V
    vic

    Wenn sich in NRW etwas tun soll, dann muss die SPD verdammt nochmal auf die Linke zugehen. Zusammen mit dieser und den Grünen haben sie eine Mehrheit.

    "Das war der Wählerauftrag" wird gern gesagt.

    Der Preis einer weiteren Mehrheit der Kernkraft und Kriegbefürworter, der Freunde des Sozialabbaus von schwarz-gelb ist zu hoch für Spielchen.