piwik no script img

■ VorschlagLatzhosen und Koteletten Jason & the Scorchers im Loft

Vor dem Angesicht des Meisters vereinigte sich Fransenwildleder mit Rollkragenpullovern und schweren Lederjacken. Wenn man sich letztes Jahr das Publikum beim Johnny-Cash-Konzert so betrachtete, war kaum noch vorstellbar, daß es in den Achtzigern als ausgesprochen unschicklich galt, Country zu hören. Ein paar verschämt versteckte Einflüsse hier und da, ein paar krude Hirne, die sich von Hank Williams erleuchtet zeigten, der Rest war Dolly Parton oder Truck Stop. Und dann gab es da noch Jason and the Scorchers, den einsamen Versuch, den Country in die Jetztzeit zu überführen. Doch im Gegensatz zu seinen Kollegen von der Cowpunk- Fraktion hatte sich Jason Ringenberg von der elterlichen Schweinefarm in Illinois direkt in das Maul des Löwen begeben, nach Nashville, Tennessee. Die Scorchers machten grandiose Platten, wurden von den Kritikern verehrt und in Übersee gefeiert. Aber zu Hause kratzten kaum jemand die Modernisierungsversuche von ein paar verwirrten Punks und Metalfreaks, die sie per Coverversion auch Denkmälern wie eben Hank Williams oder Jimmy Rodgers angedeihen ließen. Erst in den Neunzigern, da hatten sich Jason & the Scorchers längst aufgelöst, mußte auch Nashville seine konservative Haltung überdenken. Dafür waren Ringenberg und seine Kumpels nicht ursächlich verantwortlich, aber sie hatten eine Entwicklung vorweggenommen, die Steve Earle oder Dale Watson erst möglich gemacht hat. 1993 fand sich die Band nach einem ziemlich untergegangenen Solo-Album von Ringenberg wieder zusammen. Ihr Glück war, daß ihr Ansatz noch nie zeitgemäß war und sich so kaum überholen konnte. Noch immer trägt Ringenberg Latzhosen und Koteletten. Und noch immer scheinen die Scorchers eigentlich doch lieber Metal machen zu wollen, während ihr Chef tapfer weiter Cowboyhüte trägt und sich durch zeitlos kitschige Zeilen voller Trucks, verlassener Wüstenstädte, staubiger Highways und enttäuschter Liebe lamentiert. Thomas Winkler

Heute, 20.30 Uhr, Loft im Metropol, Nollendorfplatz 5

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen