Lars Penning Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet:
Der in England ansässige polnische Regisseur Pawel Pawlikowski gehört zu jenen herausragenden Vertretern des aktuellen Kinos, die mit ihren Filmen gern an die ästhetischen und erzählerischen Traditionen des großen europäischen Kunstkinos der 1950er und 60er Jahre anknüpfen. Das Drama „Cold War – Der Breitengrad der Liebe“ hat Pawlikowski in Schwarz-Weiß und im heute fast schon ungebräuchlichen Normalformat gedreht. Er erzählt eine Geschichte aus den 50ern: Als der Musikarrangeur Wiktor (Tomasz Kot) in Polen ein Gesangs- und Tanzensemble zusammenstellt, das mit traditionellen ländlichen Liedern die neue Nation auch im befreundeten Ausland repräsentieren soll, begegnet ihm die temperamentvolle Zula (Joanna Kulig). Es entspinnt sich eine Amour fou: Die beiden können nicht ohne einander, aber auch nicht wirklich miteinander sein. Die traurigen Liebeslieder scheinen dies stets zu kommentieren. Allerdings kündet die Musik auch vom gesellschaftspolitischen Hintergrund, etwa wenn das Ensemble bald schon nicht mehr nur Folklore, sondern Loblieder auf den „wunderbaren Stalin“ singt. Vor einem radikal persönlichen Hintergrund stellt „Cold War“ Fragen nach Freiheit und Verantwortung im Leben und in der Gesellschaft: ein kluger Diskussionsstoff, inszenatorisch, kameratechnisch und schauspielerisch beeindruckend (18. 4., 12.45 Uhr, B-ware! Ladenkino).
Eine Parabel im Gewand eines Western: Regisseur Fred Zinnemann und sein Autor Carl Foreman hatten bei „High Noon“ (1952) die McCarthy-Ära mit ihrer Kommunistenjagd und dem Klima von Angst und Kollaboration im Kopf, als sie die Geschichte eines Sheriffs (Gary Cooper) erzählten, der auf der Suche nach Beistand gegen rachsüchtige Banditen von den feigen Bürgern seines Ortes nur Ablehnung erfährt. Die Bildästhetik des Films orientiert sich dabei an authentischen Schwarz-Weiß-Fotografien des Westens aus dem 19. Jahrhundert (19. 4., 18 Uhr, Filmmuseum Potsdam).
Deutlich farbenfroher geht es in Michelangelo Antonionis „Blow Up“ (1966) zu – schließlich ist die Hauptfigur ein Modefotograf. Nebenbei versucht dieser das Geheimnis einer extrem grobkörnigen Fotovergrößerung zu enträtseln, auf der er eine Leiche zu sehen glaubt. Ein Klassiker auch der Soundtrack: Neben einem Clubauftritt der Rhythm-&-Blues-Band The Yardbirds trägt nicht zuletzt der von Hammondorgel und Gitarre dominierte und stark von der britischen Beatmusik beeinflusste Jazz von Herbie Hancock dazu bei, dass das Swinging London der mittleren 60er Jahre hier so authentisch wirkt (OmU, 20. 4., 20 Uhr, Arsenal).
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