Lars Penning Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet:
Einer der vergnüglichsten sowjetischen Stummfilme ist zweifellos „Das Mädchen mit der Hutschachtel“ (1927), eine vom amerikanischen Slapstick beeinflusste Komödie von Boris Barnet. Es geht um eine junge Modistin (Anna Sten), die sich in einen mittel- und obdachlosen Studenten verliebt und deshalb in allerlei Verwicklungen um ihr Zimmer im Haus ihres Arbeitgebers gerät. Schließlich gewinnt sie in einer Lotterie – was aber nur noch mehr Chaos nach sich zieht. Besonders gelungen sind die Gags um den langen winterlichen Weg von ihrem Arbeitsplatz zum Haus ihres Großvaters. Der Film lebt vor allem von dem lebhaften Charme der Hauptdarstellerin Anna Sten, einer ukrainischen Schauspielerin, die in den 1930er Jahren in Hollywood vom Produzenten Samuel Goldwyn zu einem mysteriösen europäischen Glamourstar aufgebaut werden sollte. Das konnte dann nur schief gehen: Die melodramatischen Filmstoffe, die man für sie aussuchte, passten überhaupt nicht zu ihr, und ihre Karriere verlief unspektakulär im Sande. Im Arsenal begleitet Eunice Martins live am Klavier (OmU, 19. 12., 19.30 Uhr, Arsenal 2).
Der australische Regisseur Damon Gameau vermittelt in seinen Filmen komplizierte Sachverhalte gern auf eine populäre und unterhaltende Weise. Seine Dokumentation „2040 – Wir retten die Welt“ hat er als eine Art offenen Brief an seine kleine Tochter Velvet gestaltet, der eine ganze Reihe von Lösungsansätzen für viele offene Umweltfragen aufzeigt. Da geht es etwa um ein lokal aufgebautes Netz von privaten Solarstromproduzenten in Bangladesch oder um einen Wissenschaftler, der den massiven Anbau von Seetang propagiert – als möglichen CO2-Speicher und als leckeres Lebensmittel. Gameau unterstreicht seine Argumentation mit hübschen Animationen und kleinen Gags. Ob’s am Ende dann klappen wird mit Vernunft statt Gewinnmaximierung, ist allerdings wohl eher zweifelhaft (OmU, 22. 12., 11 Uhr, 23. 12., 24. 12., 12.45 Uhr, B-ware! Ladenkino).
Eine gespenstische Landschaft, in der Blitze auf ein düsteres Turmlaboratorium herabzucken, und mittendrin der wunderbare Boris Karloff als künstliche, aus Leichenteilen erschaffene Kreatur: Zwar rückte in James Whales klassischer Verfilmung von Mary Shelleys „Frankenstein“ (1931) der philosophische Hintergrund der Geschichte um den „modernen Prometheus“ stark in den Hintergrund, dafür lässt das Schauspiel Karloffs hinter der legendären Maske des deformierten Monsters stets eine sensibel-kindliche Kreatur auf der Suche nach einem Freund erkennen (OF, 27. 12., 29. 12., 20 Uhr, Arsenal 2).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen