Langes Entmachtung: Die heimliche Chefin
Landauf, landab macht man sich Gedanken über dringend notwendige Reformen in der Bildung. Nur in Hamburg, da holt man an die Spitze des Amtes für Schule eine ältere Dame aus dem wohlverdienten Ruhestand, deren Glaubensbekenntnisse zu Fleiß und Pünktlichkeit sich lesen wie Erich Kästners “Fiegendes Klassenzimmer“.
Kommentarvon SANDRA WILSDORF
Für Hamburgs Schulen wird das den pädagogischen Rollback der vergangenen Monate noch verstärken. Beim Thema Gesamtschulen wird es nicht mehr um nötige Reformen, sondern um das nackte Überleben gehen.
Für Bildungssenator Rudolf Lange aber ist die Personalie eine Entmachtung. Da kann er noch so oft betonen, Knipper sei die Dame seines Herzens. Wäre sie das, hätte er nicht so lange gezögert, sich ihr zu offenbaren. Dann hätte er sie schon vor Wochen angerufen und gehaucht, was er gestern so oft beteuert, sie sei doch die einzige welche. In Wirklichkeit ist die CDU-Frau die Aufpasserin in Diensten des Bürgermeisters.
Aber wahrscheinlich geht es auch da nicht um Herz, sondern um Kalkül. Ole von Beust gehen nämlich die serienmäßigen Pannen des Schulsenators und die einheitlich schlechte Presse erheblich auf den Geist. Aber weil man so kurz vor der Bundestagswahl einen Senator nicht entlässt, setzt man ihm eben jemanden vor die Nase. Jemanden, auf dessen Linientreue man sich verlassen kann. Der nicht zu ambitioniert ist, und nach zwei Jahren wieder verschwindet.
Eigentlich ist Rudolf Lange nur noch Amtsleiter. Senatorin ist seit gestern Ingeborg Knipper.
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