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Lange Haare? Kurze Hose?

■ Polizei leitete unzulässigerweise Daten von „Chaostagen“ weiter / „Harmlose Personen“ registriert

Hannover. Die Polizeidirektion Hannover hat unzulässigerweise Personendaten von den „Chaostagen“ 1995 weitergeleitet. Das gab Niedersachsens Datenschutzbeauftragter Gerhard Dronsch am Donnerstag in Hannover bekannt. Die Polizei habe ihren Kollegen in Stuttgart eine Datei zur Verfügung gestellt, in der über 1.000 zum Teil harmlose Personen registriert waren. Von einer Stichprobe mit knapp 300 Personen waren den Datenschützern zufolge mehr als die Hälfte überhaupt keine Straftäter.

Zur Gefahrenabwehr darf die Polizei in Niedersachsen Daten sammeln und auch über Ländergrenzen hinweg weitergeben. „Nicht die Einrichtung der Datei war das Problem, vielmehr die Übermittlung von Daten, die nichts über die Gefährlichkeit einer Person aussagten“, erklärte Datenschützer Peter Günther. „Ein Mann wurde in Gewahrsam genommen, weil er lange Haare hatte und eine kurze Hose trug.“ Ein anderer geriet in die Datei, weil er einen Fotoapparat und einen Stadtplan bei sich trug, als die Polizei ihn kontrollierte.

Insgesamt beanstandeten die Datenschützer 161 Fälle ihrer Stichprobe. Durch die undifferenzierte Übermittlung der Daten sei bei der Stuttgarter Behörde der Eindruck entstanden, sämtliche Personen seien auch potentielle Straftäter. Günther: „Damit hat die Polizeidirektion Hannover gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen.“

In den kritisierten Fällen haben die Betroffenen das Recht, sich über den Eintrag in der Datei zu informieren. „Betroffene können außerdem auf Schadenersatz klagen. Dabei ist es aber schwierig, den tatsächlich entstandenen Schaden festzustellen“, sagte Dronsch. dpa

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