@Uwe Korpat
Herr Korpat, ick wundere mir. Hier melden sich alle möglichen Stimmen wie „Keinpatentaufleben“, „Der Analogist“, „Pommesjunk“, „libertador“, „Menschenfreund“, „Dickerhals“, „Ilmtalkelly“, und mir halten Sie dann vor, ich solle mich gefälligst mit vollem Namen beteiligen, da ich ja ein Pamphlet verfasse, das Ihnen nicht gefällt. Sorry, das finde ich ein bißchen moralinsauer.
@Keinpatentaufleben
Grundsätzlich: Niemand hat behauptet, dass die Fortuna oder deren Nachkommen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag absolut resistent gegenüber dem Krautfäule-Erreger bleiben wird. Auch wenn sie aus der Wildpflanze gleich zwei Resistenz-Gene mit den Bezeichnungen Rpi-blb1 und Rpi-blb2 erhalten hat. Das wäre vermessen. Wenn man allerdings konventionelle Resistenz-Züchtung und Resistenz-Züchtung mit Hilfe von Gentechnik gegenüberstellt, hat zumindest im Fall Fortuna die letztere die besseren Chancen. Dem Bericht über die Fortuna-Zulassung in http://www.biotechnologie.de/BIO/Navigation/DE/root,did=137496.html?listBlId=74462. können Sie entnehmen, dass die klassische Resistenzzüchtung problematisch ist, weil natürlich – wie bei jeder normalen Resistenzzüchtung, die sich ihr Material aus Wildpflanzen holt – zwangsläufig Gene mitgeschleppt werden, die die gewünschten Pflanzeneigenschaften negativ beeinflussen und die erst in langwierigen Züchtungsverfahren wieder weggezüchtet werden müssen. In der gleichen Quelle fand ich Äußerungen von Dr. Thilo Hammann vom Julius-Kühn-Institut (Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) in Groß-Lüsewitz, der auf die konventionell gezüchteten Sorten Bionica und Toluca hinwies, aber einschränkte dass deren Entwicklung mehr als 30 Jahre gedauert hat. In einem anderen Bericht über die erste Bioland-Kartoffelanbautagung Juli 2009 heißt es: In Groß-Lüsewitz beschreite man einen anderen Weg: Man setzte auf den polygen bedingten Resistenztyp: Dieser verleihe der Pflanze keinen absoluten Schutz vor einem Befall mit dem Erreger. Dafür sei dieser Schutz aber dauerhaft, weil er wegen der Vielzahl beteiligter Erbfaktoren nicht so einfach von neuen Erregerrassen durchbrochen werden könne. Ausgangspunkt seien mittelamerikanische Wildkartoffeln, die seit Jahrtausenden dem Angriff des Krankheitserregers ausgesetzt seien und eine breite Widerstandsfähigkeit gegen viele Phytophthora-Rassen entwickelt hätten. Erbanlagen dieser Wildformen für rassenunabhängige Widerstandsfähigkeit würden in die Kulturkartoffel eingekreuzt. Anschließend müssten die mit übertragenen unerwünschten Erbanlagen der wilden Verwandten - z.B. solche für schlechte Geschmackseigenschaften - über Kreuzungen schrittweise zurückgedrängt werden, ohne dabei die wertvollen Resistenzgene zu verlieren. Dies sei ein schwieriges Unterfangen. Dabei kann es sich aber nicht um die von der BASF verwendete Wildkartoffel handeln. Denn die „normale“ Kartoffel hat einen tetraploiden Chromosomensatz von 4 x 12, die von der BASF verwendete Wildkartoffel dagegen ist dagegen diploid mit 2 x 12 Chromosomen. Allein deshalb ist zwischen diesen beiden Pflanzenarten eine Kreuzung nicht möglich. – Ebenfalls auf dieser Tagung bestätigte Dr. Annette Schuster von der Saka Pflanzenzucht GbR die Schwierigkeiten der Resistenzzüchtung und erläuterte im Detail die einzelnen Schritte der Kartoffelzüchtung: 450 Kreuzungen seien der Ausgangspunkt, im zweiten Jahr entstünden daraus 200.000 Topfsämlinge, die im Verlauf der nächsten 8 Jahre zu einer Kartoffelsorte münden, die wünschenswerter Weise im zehnten Jahr die Sortenzulassung erhalte. Die Züchtung auf Phytophthora infestans-Resistenz sei nur ein Merkmal unter vielen, das nicht an allererster Stelle stünde. So sei bei der Saka noch keine Phytophthora-resistente Kartoffelsorte gezüchtet worden, obwohl hier schon seit 1990 Resistentzüchtungen erfolgten.
Die BASF nimmt in Anspruch, dass die Fortuna-Kartoffel gegen hunderte verschiedener Phytophthora-Isolate stabil resistent ist. Ich gehe davon aus, dass die das auch richtig getestet haben. Seit 2006 hatte das Unternehmen die Kartoffel an mehr als 20 Standorten in Deutschland, Holland, Belgien, Großbritannien, Schweden und der Tschechischen Republik im Freiland getestet. Wer auf den DLG-Feldtagen im letzten Sommer das „Themen-Zentrum Grüne Gentechnik – Forschen für die Zukunft“ besuchen konnte, konnte dort anfällige und resistente Pflanzen nebeneinander (unter Glas) begutachten. Das war sicher nur eine Variante des Erregers, die da demonstriert wurde. Bei Landwirten fand diese Demonstration aber großes Interesse. Dasselbe gilt für die Demonstrationsparzellen im Biotech-Schaugarten in Üplingen im Bördekreis in den letzten Jahren.
So ganz nebenbei: Verlässlichen Quellen zufolge werden jährlich 10 bis 20 Prozent der weltweiten Kartoffelernte durch den Erreger vernichtet. Und ich möchte daran erinnern, dass in den Jahren nach 1847 in Irland die Kartoffelernte durch die Kraut- und Knollenfäule vernichtet wurde. Folge: Über eine Millionen Iren mussten auswandern, mindestens eine halbe Millionen verhungerte. Und die Hungersnot 1916 in Deutschland war ebenfalls durch diese Krankheit verursacht mit der Folge, dass die Menschen (u.a. meine Eltern und Groß-Eltern) vor allem in den Städten sich mit Steckrüben zufrieden geben mussten. Soviel zur „unterrepräsentativen Pflanzenkrankheit“, die „ilmtalkelly“ anführte.
Zur Fruchtfolge: Ich weiß nicht was Sie unter „sog. Fruchtfolge“ verstehen. Dass eine vernünftige Fruchtfolge zur "guten fachlichen Praxis" gehört, ist eine Selbstverständlichkeit. Dass Abweichungen davon zum Subventionsverlust führen, ist wohl eher Fantasie. Kein vernünftiger Landwirt baut Kartoffeln nach Kartoffeln an. Das habe ich vor über 60 Jahren in meiner Lehrzeit gelernt, und das hat sich nicht geändert. Krautfäule wurde dadurch überhaupt nicht in Schach gehalten. Wieso „Genkartoffeln ohne Anbaupause angebaut“ werden sollen, ist mir deshalb vollkommen rätselhaft. Und ebenso rätselhaft erscheint mir Ihre Prophezeiung, die Resistenz würde „binnen kürzester Zeit gebrochen und weitere Schädlinge würden sich ebenfalls massiv vermehren“. Den Zusammenhang verstehe ich nicht. Wenn bestimmte Firmen mehr Pflanzenschutzmittel absetzen wollten, würden sie um solche Gentechnik-Projekte wie Fortuna wohl einen großen Bogen machen. Was Sie über Knebelverträge der Pflanzenschutz-Firmen mit den Bauern erzählen, ist pure Fantasie.
Damit hier Klarheit herrscht und mir nicht irgend etwas unterstellt wird: Ich habe Landwirtschaft studiert, und habe im Fach Pflanzenschutz/Pflanzenkrankheiten meine Spezialausbildung an der Uni und im Pflanzenschutzdienst erhalten. Ich habe nicht für die großen Agrobiotech-Firmen gearbeitet und dort auch keine Beraterverträge. Alles klar?
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