Landtagswahl: Drei Frauen gegen Carstensen
Parteitage von Grünen, Linken und SSW nominieren ihr Spitzenpersonal für die vorgezogene schleswig-holsteinische Landtagswahl am 27. September. Der grüne Fraktionschefs Hentschel scheitert
Mit drei Frauen an der Spitze ziehen Grüne, Linke und Dänen in den schleswig-holsteinischen Landtagswahlkampf. Das beschlossen drei außerordentliche Parteitage an diesem Wochenende. Anke Spoorendonk ist zum zweiten Mal Spitzenkandidatin des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), Monika Heinold (Grüne) und Antje Jansen (Linke) sind dies erstmals. CDU, SPD und FDP hatten zum Teil schon vor Monaten ihre üblichen Männer an die Spitze gewählt (siehe Kasten).
Auf dem Parteitag der Linken am Sonntag in Kiel wurde die 59-jährige Antje Jansen auf Platz 1 der Landesliste gewählt. Die Kita-Leiterin, in den 1990er Jahren Landesvorsitzende der Grünen, ist zurzeit Fraktionsvorsitzende der Linken in Lübeck. Die Reibereien, welche die Landespartei seit ihrer Gründung begleitet haben, schimmerten auf der Tagung noch durch. Es gab persönliche Erklärungen und in letzter Sekunde zurückgezogene Kandidaturen; um jeden Listenplatz bewarben sich mehrere Kandidaten. So gewann Jansen mit 47 Stimmen knapp vor Heidi Beutin aus Kiel (43 Stimmen) und Andrea Brunswik, die sich in ihrer Vorstellungsrede als "frisch und unbedarft" bezeichnete und dafür drei Stimmen erhielt.
Auf Platz 2 setzte sich nach einer Stichwahl Heinz-Werner Jezewski aus Flensburg durch. Er schlug unter anderem den Landessprecher Björn Radke. Auf Platz drei schaffte es Ellen Streitbörger.
Mit einer Bewertung der Stimmungslage hielt sich Bundesparteichef Oskar Lafontaine, der zum Wahlkampfauftakt nach Kiel gekommen war, zurück: "Wenn eine Partei gegründet wird, gibt es Klärungsprozesse." Wichtig sei, dass diese "fair und sachlich" verliefen, sagte Lafontaine.
Antje Jansen gab sich nach der Wahl siegesgewiss: "Wir können mit vier Abgeordneten in den Landtag einziehen." Vorstandsmitglied Raju Sharma rechnet dank Ausgleichsmandaten sogar mit sechs Abgeordneten. Ziel sei "knallharte Opposition", so Jansen. Eine Regierungsbeteiligung komme nicht in Frage.
Die Grünen hingegen würden schon gerne regieren wollen, angeblich aber nicht um jeden Preis. "Dem Druck, unsere Inhalte irgendeiner Macht zu opfern, werden wir uns nicht beugen", verkündete Parteichef Robert Habeck am Sonnabend auf dem Parteitag in Neumünster. "Opposition ist nicht Mist, sondern der Adel der Demokratie", behauptete der 39-jährige Schriftsteller. Mit 99 von 104 Stimmen erreichte er bei seiner Kandidatur um Listenplatz 2 das beste Ergebnis. Heinold wurde auf dem ersten Rang mit 95 von 105 Stimmen nominiert, Habecks Co-Vorsitzende Marlies Fritzen erhielt auf dem dritten Platz 89 von 107 Stimmen.
Nicht mehr dabei ist hingegen Karl-Martin Hentschel. Der langjährige Fraktionsvorsitzende lehnte es nach 13 Jahren im Landtag ab, den Zufall über seine politische Karriere entscheiden zu lassen. Im zweiten und dritten Wahlgang um Listenplatz 4 hatte es ein Stimmenpatt zwischen ihm und dem Sylter Sozialpolitiker Andreas Tietze gegeben. Als deshalb gelost werden sollte, verkündete Hentschel in einer persönlichen Erklärung, dafür nicht bereitzustehen.
Ihm sei die Partei immer wichtiger gewesen als sein persönliches Fortkommen, sagte der 59-Jährige. "Ich bin nicht pflegeleicht, sondern hartnäckig." Er müsse es akzeptieren, wenn er damit "bei einigen aufgelaufen" sei. Die minutenlangen Ovationen, die ihm die sichtlich betretenen Delegierten spendeten, kommentierte Hentschel trocken: "So viel Beifall habe ich noch nie bekommen." Einen schweren Stand hatte auch der Energiepolitiker Detlef Matthiesen. Der Abgeordnete, vor vier Jahren auf Listenplatz sechs, wurde auf zwölf durchgereicht. Zwischen Heinold und ihm rangieren nun zehn Neulinge.
Mit der 61-jährigen Anke Spoorendonk auf Platz eins einer zehnköpfigen Landesliste zieht der SSW in die Wahl. Die Lehrerin, die seit 1996 Abgeordnete ist, war im März 2005 durch die Verhandlungen über die Tolerierung eines rot-grünen Minderheitenkabinetts von Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) bekannt geworden. Das Scheitern dieser "Dänen-Ampel" führte zur großen Koalition - jetzt wäre der SSW auch zu einer Koalition mit SPD und Grünen bereit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!