Landtagswahl in Thüringen: Nur die Wähler wollen Ramelow
In Erfurt könnte es für Rot-Rot-Grün reichen, wenn sie sich einig werden. Denn SPD und Grüne wollen den Spitzenkandidaten der Linken, die vor der SPD liegt, nicht zum Landeschef wählen.
Kommt es in Thüringen zum Wechsel? Weder Experten noch die Umfragen geben kurz vor der Landtagswahl am Sonntag auf diese Frage eine klare Antwort. Nach den offenen Protesten, die den Wahlkampf von Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) begleiten, lässt sich aber vermuten, dass der Spitzenkandidat gerade kein Garant für einen CDU-Wahlerfolg ist.
Althaus inszenierte seinen Wahlkampf zwar auf amerikanische Art. Jubelnde Prozessionen seiner Anhänger, Balladen vom glücklichen Thüringen, eine omnipräsente unionsnahe Internet-Agentur "tollesthüringen.de". Doch oft wirkte er abwesend und leidenschaftslos, als habe er seinen Skiunfall, bei dem am Neujahrstag eine Frau starb, nicht verkraftet. Nur auf Wahlkampfbühnen lief er zu bekannter Form auf.
Zu Althaus bei Uraltbundeskanzler Adenauer entliehenem Motto "Keine Experimente!" passen die Streitthemen nicht, die offensichtlich viele im Land bewegen. Die Kinderbetreuung gehört dazu, ebenso das Bildungssystem. Auch Kommunalabgaben und Polizeireform, Niedriglöhne und Abwanderung sind Oppositionsthemen.
Alle Umfragen deuten auf einen Landtag mit fünf oder sechs Fraktionen hin, sollte die NPD tatsächlich die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Gewiss scheint, dass die nur noch zwischen 34 und 37 Prozent gehandelte CDU ihre absolute Mehrheit verlieren wird. Auch mit dem Einzug einer neun Prozent starken FDP würde es für Schwarz-Gelb nicht reichen.
Für ein von den Thüringern favorisiertes rot-rot-grünes Bündnis könnte es ebenfalls knapp werden. Bis zu 25 Prozent werden der Linken bescheinigt, bis zu 20 der SPD. Einen Wechsel wird es voraussichtlich nur mit den Grünen geben, die gute Chancen auf den erstmaligen Einzug in den Thüringer Landtag haben. "Ich möchte gefragt werden, und zwar auf Augenhöhe", erklärt Spitzenkandidatin Astrid Rothe-Beinlich selbstbewusst.
Gewiss nicht von Dieter Althaus, denn eine Jamaika-Koalition mit CDU und Liberalen haben die Thüringer Bündnisgrünen bereits ausgeschlossen. Ihr Favorit für das Amt des Ministerpräsidenten heißt Christoph Matschie und der ist Sozialdemokrat. Den linken Spitzenkandidaten Bodo Ramelow dagegen wollen die Grünen nicht zum Ministerpräsidenten wählen. Matschie aber steckt in einem Dilemma, weil die SPD höchstwahrscheinlich hinter der Linken landen wird. Einerseits hat er den Wählern und seiner Partei den Wechsel versprochen, kann also nicht auf eine große Koalition mit der CDU umschwenken. Andererseits schließt auch er eine Wahl des stärkeren Ramelow zum Ministerpräsidenten aus.
Dann bleiben zwei Möglichkeiten: Liegt die Linke nicht zu weit vor der SPD, könnte Matschie Ministerpräsident werden und die Linke dafür mehr Minister stellen. Gregor Gysi, Fraktionschef im Bundestag, betonte zwar, als stärkste Kraft in einer Koalition müsse die Linkspartei den Ministerpräsidenten stellen. Auch Bodo Ramelow bekräftigte diese Linie gestern. Doch intern wird bei der Linkspartei schon lange über eine andere Möglichkeit nachgedacht: ein neuer parteiloser Kandidat, auf den man sich verständigt. Ramelow und Matschie würden dessen Vize.
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