Widersprüche im Bundestag

JustizAffäre Der Rechtsausschuss berät über die Ermittlungen gegen „Netzpolitik.org“. Justizminister Maas und der ehemalige Generalbundesanwalt Range uneinig

Maas und Range unterhalten sich zu Beginn der Sitzung Foto: Kay Nietfeld/dpa

Aus Berlin Pascal Beucker

Die Begrüßung fiel höflich aus. Bei ihrer Begegnung am Mittwoch im Rechtsausschuss des Bundestags wahrten Bundesjustizminister Heiko Maas und der von ihm geschasste Generalbundesanwalt Harald Range nach außen hin die Form. Doch hinter verschlossenen Türen gaben sie sich nichts.

Vor dem Ausschuss sollten Range und sein ehemaliger Dienstherr zu den mittlerweile eingestellten Ermittlungen gegen die Blogger von Netzpolitik.org Auskunft geben. Doch wirklich Licht ins Dunkel der Affäre konnten sie nicht bringen. In der strittigen Frage, ob es eine Weisung von Maas an Range gab, steht weiterhin Aussage gegen Aussage, wie die Ausschussvorsitzende Renate Künast (Grüne) und weitere VertreterInnen des Gremiums nach den knapp vierstündigen Beratungen sagten.

Maas hatte zuvor im Ausschuss seine früheren Angaben wiederholt, er habe sich mit Range einvernehmlich auf den Stopp eines Gutachtens zu den Ermittlungen geeinigt. Range bestritt das vor dem Ausschuss erneut. „Wir haben heute sehr viele widersprüchliche Aussagen gehört“, berichtete ein Ausschussmitglied.

Die Affäre war ins Rollen gekommen, nachdem Range aufgrund von Anzeigen des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen die inzwischen eingestellten Landesverratsermittlungen gegen Journalisten von Netzpolitik.org eingeleitet hatte. Grund dafür war, dass der Blog aus internen Unterlagen des Verfassungsschutzes zitiert hatte. Range hätte die Ermittlungen nie aufnehmen dürfen, sagte der Grüne Hans-Christian Ströbele: „Unsere obersten Rechtswahrer verdienen das Vertrauen nicht.“

Bei der ganzen Aktion gegen Netzpolitik.org hätten „einige etwas geirrlichtert“, sagte Künast. Mit dem „Ziel der Einschüchterung“ der Medien, aber auch von Beamten und Abgeordneten, die Informationen an JournalistInnen weitergeben, habe man „versucht, eine Granate zu zünden“. Die sei jedoch letztlich nach hinten losgegangen.

„Völlig sinnlos“ und „offensichtlich absurd“

Die „völlig sinnlose“ und „offensichtlich absurde“ Anzeige und die darauf folgenden Ermittlungen seien ein Zusammenspiel zwischen dem Verfassungsschutzchef und der Bundesanwaltschaft gewesen, das vom Bundesinnenministerium und dem Bundeskanzleramt gedeckt worden sei, kritisierte die Linkspartei-Abgeordnete Halina Wawzyniak.

Dabei sei es um Abschreckung gegangen. Auch für den SPD-Abgeordneten Johannes Fechner steht „der Verdacht im Raum, dass gezielt Journalisten eingeschüchtert werden sollten“. Er betonte, dass die Anzeige „mit Billigung des Innenministeriums“ gestellt worden sei.

Auf heftige Kritik von Grünen und Linkspartei stieß, dass weder Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) noch Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen am Mittwoch im Ausschuss erschienen. „Die Hauptverantwortlichen sind nicht da“, sagte der Grüne Konstantin von Notz. Sie hätten sich „weggeduckt“. „Die ganze Geschichte wurde im BfV ausgeheckt, und der Einzige, an dem es jetzt hängenbleibt, ist Maas“, sagte von Notz. Maaßen und de Maizière sollen nun erneut eingeladen werden, kündigte die Ausschussvorsitzende Künast an.