Landesparteitag in Baden-Württemberg: AfD marschiert neuerdings im Gleichschritt
Ungewohnt einig wählt der Südwestlandesverband seine Kandidatenliste für die Landtagswahl. Ihr Chef Markus Frohnmaier will Ministerpräsident werden, sonst bleibt er lieber in Berlin.

Am Samstagmorgen hatten am Heilbronner Bahnhof und am Veranstaltungsort laut Polizei 500 Demonstranten friedlich gegen den Parteitag protestiert. In der Halle mit dem sprechenden Namen „Harmonie“ wollte die AfD dagegen das Signal aussenden, dass sie eine ganz normale Partei sei.
Ein Grund für die geschlossenen Reihen dürfte sein, dass erstmals nicht alle Mitglieder, sondern nur 399 Delegierte am Parteitag teilnehmen durften. Der neuen Einigkeit schien die Partei wohl vorab selbst nicht so recht zu trauen, sie hat für die Vergabe der insgesamt 70 Plätze auf der Wahlliste noch zwei Fortsetzungstermine angesetzt.
Der Ministerpräsidentenkandidat Markus Frohnmaier, 34, stand bei den Listenplätzen interessanterweise nicht zur Wahl. Er bewarb sich nicht um ein Landtagsmandat. Er sagte, er setze bei der Wahl auf Sieg. Wenn es nicht für das Amt des Regierungschefs reiche, bleibe er weiter Abgeordneter im Bundestag. Die Partei begründet das mit der von ihr verfochtenen Trennung von Parlament und Regierung. Ein ähnliches Vorgehen hatte die AfD bei der Kandidatur der damaligen SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser für das Ministerpräsidentenamt in Hessen noch kritisiert.
Frauke Petry nannte ihn „Kampfzwerg“
So wird Frohnmaier wohl in Berlin bleiben. In Umfragen erreicht die AfD derzeit in Baden-Württemberg zwar 19 Prozent, damit liegt sie knapp hinter den Grünen und der CDU auf Platz drei. Aber Chancen auf eine Regierungsbeteiligung hat sie dennoch nicht. Denn im Ländle steht die Brandmauer auch bei der CDU-Führung. Dort hält man die AfD inzwischen für den Hauptgegner. Auch in Baden-Württemberg wird der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und beobachtet. Dagegen klagte die Landespartei mehrfach – allerdings ohne Erfolg.
Mit Frohnmaier bewirbt sich in Baden-Württemberg ein Politiker um das Amt des Ministerpräsidenten, der mindestens eine rechtsextreme Vergangenheit hat. „Der Kampfzwerg“, wie ihn Frauke Petry nannte, gehört zu den Erstunterzeichnern der „Erfurter Erklärung“ des rechtsextremen Höcke-Flügels, der sich zwar inzwischen offiziell aufgelöst hat, aber dessen Mitglieder noch immer in der Partei sind.
Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes hatte Frohnmaier früher zudem Kontakte zur rechtsextremen German Defence League (GDL) und der rechtsextremen Partei „Die Freiheit“. In der AfD hat er durch Nähe zur Macht Karriere gemacht. Als Vertrauter der Bundesvorsitzenden Alice Weidel führt er seit 2022 zusammen mit dem Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, Emil Sänze, die Landespartei. Weidel hat er – wie zuvor Frauke Petry – als Sprecher gedient. Zuletzt bemühte sich Frohnmaier um moderate Töne. Bei einer Pressekonferenz im Vorfeld des Parteitags betonte er, die AfD lehne einen ethnischen Volksbegriff ab, „Wer den deutschen Pass hat, ist Deutscher“, erklärte Frohnmaier.

Trotzdem ist der gebürtige Rumäne in der Landespartei nicht unumstritten. Kritisiert wird, dass der abgebrochene Jurist noch nie außerhalb des Politikbetriebs gearbeitet hat. In AfD-Kreisen werden solche Parteikarrieren beim politischen Gegner gern scharf kritisiert. In der AfD-Satzung gibt es sogar einen Passus, der verlangt, dass Kandidaten der Partei mindestens fünf Jahre Berufserfahrung außerhalb der Politik haben sollten.
Auf ihrem auf drei Wochenenden aufgeteilten Parteitag wird die Landes-AfD ein Regierungsprogramm aus neun Punkten beschließen, die in den ersten 100 Tagen umgesetzt werden sollen. Darin sieht die Partei einen Volksentscheid zur Migrationspolitik, eine Rückkehr zu fossilen Energien und eine Bildungswende an den Schulen vor. Auf dem Parteitag, sagte Frohnmeier: „Ich möchte ein Land: sicher, frei und deutsch.“
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