Landesliste der Saar-Linken: Ein Oskar für den vertracktesten Streit
Zwei Genossen fechten die Kandidatenliste an – und verlieren. Weiter gezankt wird trotzdem. Begonnen hat alles mit Lafontaine vor der Wahl 2013.

Zwei Parteimitglieder haben die im Mai bei einer Mitgliederversammlung aufgestellte Landesliste angefochten. Diese sei rechtswidrig gewesen, Stimmen für Lutze und sein Lager seien von deren Anhängern manipuliert worden. Die Landesschiedskommission hat die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen.
Jetzt riefen Landesschriftführer Adolf Loch und der Ortsverbandschef von Saarbrücken-Malstatt, Thomas Schaumburger, das Landgericht an, um per einstweilige Verfügung die Liste für ungültig erklären zu lassen. Am Mittwoch wurde die Causa im Saarbrücker Landgericht verhandelt.
Zum Auftakt der Verhandlung verwies der Vorsitzende Richter auf die mögliche Konsequenz für die Partei, die gegebenenfalls „faktisch von der Bundestagswahl ausgeschlossen“ würde. Denn eine Wiederholung der Listenaufstellung ist nicht möglich, weil die Einreichungsfrist am 17. Juli abgelaufen ist.
Interner Konflikt schwelt seit Jahren
Die Antragsteller argumentieren indes, es gehe um nicht weniger als die Glaubwürdigkeit der Linken. „Auch wenn es eine schwerwiegende Maßnahme ist: Eine rechtswidrige Liste bleibt eine rechtswidrige Liste“, sagte ihr Anwalt, Hans-Georg Warken.
Das Landgericht wies die Anträge am Mittwoch zurück. Die Antragsteller berieten am Mittwochabend noch, ob sie Berufung beim Oberlandesgericht einlegen sollen. Durch die Festsetzung des Streitwerts auf 25.000 Euro habe das Landgericht die Hürde sehr hoch gelegt, sagte Anwalt Warken der taz. Allein für die Verhandlung am Landgericht müssten seine Mandanten rund 10.000 Euro zahlen. Der Landeswahlausschuss entscheidet am Freitag über die Zulassung der Landeslisten zur Bundestagswahl.
Der interne Konflikt bei den Saar-Linken schwelt seit Jahren. Dabei geht es nach Lutzes Auffassung um Persönliches. „Im Saarland gibt es keine Reformer und Fundamentalisten wie in anderen Landesverbänden“, sagt der 47-Jährige aus Leipzig, der nach der Wende ins Saarland kam und sich dort zunächst der PDS anschloss. Schaumburger etwa sei in einem seiner Wahlkreisbüros angestellt gewesen und vor drei Jahren gekündigt worden.
Lafontaine will Wagenknecht unterstützen
Landeschefin Astrid Schramm sieht das etwas anders: Sie glaube, dass es den Antragstellern um eine Klärung möglicher Ungereimtheiten gehe. Allerdings ist sie sich auch der Konsequenzen für die Partei bewusst, sollte Lutze nicht antreten können. Nicht zuletzt würden die Saar-Linken die beiden von Lutze unterhaltenen Wahlkreisbüros in Saarbrücken und Neunkirchen als Basis für ihre Arbeit verlieren.
Auch vor der letzten Bundestagswahl waren die Querelen akut geworden. Damals hatte Linken-Ikone Lafontaine seine Kandidatin für Platz 1 der Landesliste nicht durchsetzen können. Claudia Kohde-Kilsch war bei einem Parteitag Lutze haushoch unterlegen. Lafontaine hatte beleidigt keinen Wahlkampf mehr gemacht.
Diesmal dürfte es ein wenig anders sein. Immerhin will er seine Frau Sahra Wagenknecht, die als Spitzenkandidatin für die Bundes-Linken antritt, nach Kräften unterstützen. Am 19. September – also 4 Tage vor der Wahl – sei auch eine gemeinsame Veranstaltung mit Wagenknecht und Lafontaine in Saarbrücken geplant, sagt Lutze.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder