Landeskonferenz der NRW-Grünen: Grüne Bürgerlichkeit dehnbar

Bei der Bundestagswahl wollen die NRW-Grünen linkes Personalprofil zeigen, setzen aber eher auf Energiethemen. Spitzenkandidatin Höhn warnt Steinbrück.

Grüne Spitzenkandidaten: Volker Beck und Bärbel Höhn posieren auf dem Parteitag in Nordrhein-Westfalen. Bild: dpa

HAGEN taz | Die Bekämpfung des Klimawandels und die Energiewende wollen Nordrhein-Westfalens Grüne im Bundestagswahlkampf ganz nach vorn schieben. Schon 2020 müsse der Anteil erneuerbarer Energie im deutschen Stromnetz bei 45 Prozent liegen, heißt es im Leitantrag, den die Partei am Sonntag bei ihrer Landesdelegiertenkonferenz in Hagen beschlossen hat.

Daheim sind die NRW-Grünen bescheidener: Im eigenen Bundesland soll der Anteil von Wind-, Wasser- und Solarenergie 2025 dagegen erst bei 30 Prozent liegen – noch produziert das Energieland Nummer eins mehr als 92 Prozent seines Stroms vor allem mit Stein- und Braunkohlekraftwerken.

Ein Antrag der Grünen Jugend, die lieber 60 statt 30 Prozent Erneuerbare ankündigen wollten, fiel durch. Auch die Verwüstungen im Rheinischen Braunkohlerevier, wo der Essener Stromkonzern RWE mit seinen Tagebauen ganze Regionen in Mondlandschaften verwandelt, sind den Grünen bloß einen Nebensatz wert: Nur auf Antrag der Jugendorganisation erklärte sich die Partei zur Unterstützung der „wachsenden Anti-Kohle-Bewegung“ bereit.

Die SPD, die mit den Grünen in NRW regiert, gilt noch immer als Unterstützer des Bergbaus um fast jeden Preis. Nordrhein-Westfalens grüner Umwelt- und Klimaschutzminister Johannes Remmel griff aber lieber die Bundesregierung an: Schwarz-Gelb betrachte die Energiewende vor allem unter Kostengesichtspunkten und fahre die „Jahrhundertaufgabe“ deshalb „an die Wand“.

Erneuerbare sind nicht alleine Schuld

Schließlich seien zuallererst Ausnahmeregelungen zugunsten der Industrie für die drohenden Strompreiserhöhungen verantwortlich: „Nur gut ein Drittel“ der Kostensteigerungen gehe auf den Ausbau der Erneuerbaren zurück.

Dickes Lob bekam Remmel von der Spitzenkandidatin der Bundespartei, Katrin Göring-Eckardt. „Vorbildlich“ sei die Arbeit des Landesministers, erklärte die 46-Jährige. Von den Delegierten des insgesamt als links geltenden Landesverbands wurde die dem Realo-Flügel zugerechnete Frontfrau mit freundlichem Applaus begrüßt.

Göring-Eckardt revanchierte sich, indem sie die Debatte um grüne Bürgerlichkeit vor allem als soziale Frage definierte: Bürgerlich sei, „gerechten Lohn für ehrliche Arbeit“ zu fordern, auf die „Armutsgefährdung“ immer größerer Bevölkerungsteile hinzuweisen.

Durchsetzen konnten sich die Parteilinken auch bei der Besetzung der Landesliste für den Bundestag: Auf Platz eins der Liste steht die einstige NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn, auf Platz zwei folgt der aus Köln stammende Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Volker Beck.

Realos vs. Regierungslinke

Der rechte Parteiflügel hofft traditionell, dass die Regierungslinken im Bundestag von Realos aus Baden-Württemberg oder Hessen eingehegt werden. Umso ungestörter möchten sich die Realos an Rhein und Ruhr ausleben.

Höhn, deren Verhältnis zum SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück nach mehr als zwei Jahren gemeinsamen Regierungsstreits in NRW als schwierig gilt, sparte nicht an Warnungen Richtung der Sozialdemokraten. Vorbild für den Politikwechsel einer rot-grünen Koalition sei Hannelore Krafts Düsseldorfer Regierung auf Augenhöhe – die müsse auch in Berlin „Vorbild sein“.

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