Landesbank vermittelte Geschäfte: Bad Oeynhausen zockte um Zinsen
Um die klammen Stadtfinanzen schönzurechnen, spekulierte Bad Oeynhausen an den Finanzmärkten. Die Zinswetten wurden von der öffentlichen WestLB vermittelt.
In Deutschlands Kommunen spielen Bürgermeister und Kämmerer zum Teil das gleiche traurige Spiel, wie es derzeit in Griechenland aufgeführt wird: Mit Zinswetten und anderen riskanten Finanz- und Spekulationsgeschäften wird die Staatsverschuldung schöngerechnet. Den dazu notwendigen und zugleich unübersichtlichen Werkzeugkasten liefern Banken.
Bei dem Versuch, die klammen Stadtfinanzen zwischen zu niedrigen Einnahmen, zu hohen Ausgaben und einem wachsenden Schuldenberg hindurch zu lavieren, liegen der taz für die nordrhein-westfälische Kleinstadt Bad Oeynhausen am Südrand des Wiehengebirges im Kreis Minden-Lübbecke hunderte Seiten interner Dokumente vor, die den Verdacht erhärten, dass die Kommune bei den Finanzen über Jahre hinweg verschleiert und dabei demokratische Spielregeln missachtet hat. Den Unterlagen zufolge hat die Stadt jahrelang in mehreren Blöcken an die zwei Dutzend Devisen- und Swap-Geschäfte über die Landesbank WestLB abgeschlossen, die teilweise bis mindestens 2017 laufen.
Bei einem Swap werden Zinsen getauscht: Je nach Marktlage werden mit anderen Akteuren feste gegen variable Zinssätze sowie lange gegen kurze Vertragslaufzeiten getauscht oder umgekehrt. Damit sollte vermutlich die Zinslast Oeynhausens reduziert werden. Allerdings bergen Wetten auf Zinsen und Schweizer Franken auch erhebliche Risiken. Sie basieren also auf Spekulation. Die öffentliche WestLB aus der Landesmetropole Düsseldorf hat die Swaps an die Verantwortlichen der Kurstadt vermittelt.
Sehr zum Verdruss der städtischen Rechnungsprüfer. Die Revisoren kritisieren in einem internen Bericht die Swaps als "Wettgeschäfte" und einen Großteil davon als "unzulässige Spekulationsgeschäfte". Der Bericht - er liegt der taz vor - hält die Strategie für "zumindest zweifelhaft". Bei einer angemessenen Analyse hätte die Stadt anders entscheiden müssen. Hinzugezogene Wirtschaftsprüfer bestätigten die von den städtischen Beamten erhobene Kritik am Lottospiel der Kommune. Die möglichen Verluste für die kleine Stadt mit weniger als 50.000 Einwohnern werden von Mitgliedern des Rates mittlerweile auf bis zu 7,8 Millionen Euro geschätzt.
Nun wird nach Schuldigen gesucht. Bürgermeister des berühmten Badeortes ist schon seit 2004 Klaus Mueller-Zahlmann. Der aus Hamburg stammende Sozialdemokrat wurde erst im August im Amt bestätigt. Beamtenrechtlich kann er nach "nur" einer Missbilligung durch den SPD-Landrat nicht mehr in die Haftung genommen werden, heißt es aus Juristenkreisen. Für Mueller-Zahlmann, so lässt dieser durchblicken, scheint damit der Fall abgeschlossen zu sein. Zins- und Schuldenmanagement seien "eine übliche Aufgabe", so Landrat Mueller-Zahlmann. Zu den Zinswetten will er sich nicht äußern.
Für die Opposition, bestehend aus Linkspartei und Wählergemeinschaften, ist der Fall damit aber noch lange nicht zu Ende. "Aus unserer Sicht ist das nicht abgeschlossen", sagt Matthias Köhler von Bürger für Bad Oeynhausen (BBO). Schließlich würden die Steuerzahler später für Millionenverluste aufkommen müssen.
Für eine juristische Verlängerung sorgt auch der Bielefelder Staatsanwalt Christoph Mackel. Nachdem er vor Kurzem ebenfalls interne Unterlagen zugespielt bekam, prüft er nun, "ob die Stadt geschädigt worden ist" und ob das von Bürgermeister und Stadtkämmerer "billigend in Kauf genommen wurde". Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen die Ermittlungen aufgenommen. Aus ihrer Sicht könnte Bad Oyenhausen schon bald zu einem bundesweiten Präzedenzfall werden.
Gemeindeordnungen und Runderlasse des Innenministeriums verbieten den Kommunen eigentlich riskante Finanztransaktionen. Trotzdem zockten und zocken nach Angaben des Bunds der Steuerzahler allein in Nordrhein-Westfalen mindestens 160 Kommunen auf den Finanzmärkten.
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