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Lampedusa-Flüchtlinge„Widerstand ist Pflicht“

Um gegen den harten Kurs des Senats zu protestieren, hat sich der Elternrat der Stadtteilschule am Hafen selbst angezeigt – wegen Unterstützung der „Illegalen“.

Unterstützung aus der benachbarten Schule: Flüchtling in der St. Pauli-Kirche. Bild: dpa
Lena Kaiser
Interview von Lena Kaiser

taz: Herr Herrmann, Sie und der gesamte Elternrat der Stadtteilschule am Hafen haben sich als Unterstützer der Lampedusa-Flüchtlinge selbst angezeigt, warum?

Michael Herrmann: Weil wir es unerträglich finden, dass der Senat – konkret war es Staatsrat Michael Sachs – gesagt hat, wer die Flüchtlinge bei ihrem illegalen Aufenthalt unterstützt, mache sich strafbar. Das war ein Abschreckungsversuch. Das betrifft auch die Schüler mit ihrem guten Handeln.

Schüler der Klasse 10b hatten in einer Petition gefordert, den 80 Männern aus der benachbarten St. Pauli-Kirche die beheizbare Schulturnhalle als Winterquartier anzubieten.

Es hieß ja, dass das eine rechtswidrige Unterstützung sei, weil die Menschen gegen das Aufenthaltsrecht verstießen. Nach dem Motto: Wenn man jemand unterstützt, der gegen ein Recht verstößt, verhält man sich ebenfalls rechtswidrig. Dabei ist das Argument doch Blödsinn. Eine humanitäre Unterstützung ist dem doch übergeordnet. Aber wenn man Menschen davon abbringen will, sich solidarisch zu erklären, kann man das tun, indem man ihnen vermittelt, dass sie sich strafbar machen. Genau dieses Vorgehen des Senats verurteilen wir. Dabei sollte man vor den Schülern, den Pastoren und anderen Unterstützern doch viel eher den Hut ziehen.

Ist die Selbstanzeige eine symbolische Aktion?

Wir haben nicht damit gerechnet, dass hier die Polizei einmarschiert. Das ist auch nicht passiert. Es geht uns eigentlich darum, diese Unverschämtheit des Senats zurückzuweisen, der die Unterstützer zu Straftätern machen will. Nur weil sie sich solidarische erklären mit Menschen, die sich in Not befinden.

Im Interview: Michael Herrmann

67, ist als Vater im Elternrat der Stadtteilschule am Hafen in St. Pauli. Er ist Vorstand der Handwerksgenossenschaft St. Pauli.

Sie sehen darin eine Kriminalisierung der Schüler?

Das ist eine versuchte Kriminalisierung, sie ist ja nicht wirklich gelungen. Ich halte das aber für eine verwerfliche Haltung des Senats gegenüber Protestierenden. Das ging ja auch gegen alle, die zum Beispiel Lebensmittel und Kleider spendeten. Offenbar ging die Hoffnung des Senats nicht auf, dass die Empörung und Unterstützung von selbst verschwinden.

Wie kam es überhaupt zu dem Turnhallen-Vorstoß?

Die Schüler haben das gemacht, nachdem sie in der Nachbarschaft erlebt haben, wie dort 80 Menschen um ihr Recht kämpfen, hier bleiben zu dürfen. Dann kam noch das Unglück im Mittelmeer dazu mit über 300 Toten. Daraufhin haben sich Schüler engagiert und dem Senat die Stirn geboten. Das fand ich extrem bemerkenswert und wichtig, das zu unterstützen. Unsere Schüler kommen ja nicht aus Blankenese und sind auch nicht übermäßig politisch gebildet. Ich finde, wir können stolz sein auf diese Aktion.

Hat das die ganze Schule ergriffen?

In der ganzen Schule wurde über die Aktion der Klasse 10b gesprochen. Die Schülerschaft hat sich dahinter gestellt. Und es geht dort auch weiter, die bearbeiten das Thema jetzt weiter im Politik- und Projektunterricht.

Und wie hat der Senat darauf reagiert?

Die Klasse hatte vor wenigen Tagen ein Gespräch bei Innensenator Michael Neumann (SPD).

Mit welchem Ergebnis?

Das verlief, wie solche Gespräche eben verlaufen: Der Innensenator erklärt seine Position dazu, sagt, dass alles rechtens ist und dass die Forderungen der Flüchtlinge überhöht seien. Dass sie erstmal ihre Personalien bekanntgeben sollen. Für die Schüler ist das nicht gerade aufbauend, wenn sie was machen wollen und dann vor dem Senator sitzend erkennen, dass er gar nicht wirklich darauf eingeht. Dabei haben sie ja Recht, weil eine Unterbringung in der Turnhalle würde den Menschen das Leben erleichtern und es wäre mit einem gewissen Aufwand auch machbar.

Glauben Sie noch daran, dass die Turnhalle für die Kirchenflüchtlinge geöffnet wird?

Das kommt ja darauf an, wie sich das weiterentwickelt. Die ersten drei Flüchtlinge haben sich ja nun bei der Ausländerbehörde gemeldet. Ich habe gehört, dass man denen Wohnunterkünfte in Containern angeboten hat, inzwischen seien sie aber wieder in der Kirche. Wenn es nicht zur Aufstellung der Container kommt, bietet sich die Turnhalle an. Dort gibt es – anders als in der Kirche – Toiletten und Duschen. Und sie ist beheizt.

Sie rufen in Ihrer Erklärung auch zum Ungehorsam gegen Rassismus auf. Befürchten Sie weitere Kontrollen auf Hamburgs Straßen?

Wir können es nicht hinnehmen, dass die Regierenden der Polizei befehlen, rassistische Kontrollen durchzuführen. Ungehorsam und Widerstand gegen Rassismus sind unsere Pflicht.

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3 Kommentare

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  • S
    Sabine

    Und was sagt der Träger der Schule dazu? Das wäre eigentlich wichtiger zu wissen als die meinung einiger übereifriger Eltern.

  • S
    Steffi

    Die spinnen, die Hamburger ...

    Mein herzliches Beileid gilt Herrn Scholz und Herrn Neumann.

  • G
    Gast

    Die Schüler sind sicherlich intelligent genug zu lernen, dass jeder demokratische Rechtsstaat richtigerweise erwartet, dass Flüchtlinge ihren Namen nennen. Dann steht ja der Hilfe nichts im Wege. Über Veränderungsvorschläge von Dublin II mit den Schülern zu diskutieren wäre ein sinnvolleres Ziel als ihnen vorzumachen, dass kein Flüchtling mehr seinen Namen und seine Fluchtgeschichte bekanntgeben braucht um die Probleme zu lösen.