Länder bekämpfen Ärztemangel: Kein Hausarzt in ländlichen Regionen
Die Gesundheitsminister planen eine bessere Ärzteversorgung auf dem Land. Dazu sollen die Länder die Rechtsaufsicht über Ärzte und Krankenkassen-Ausschüsse erhalten.
BERLIN taz | Patienten auf dem Land sollen bald wieder wohnortnah einen Hausarzt finden können. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Bundesländer deutlich mehr Rechte als bisher bekommen, um für zusätzliche Ärzte in Regionen zu sorgen, die unter Medizinermangel leiden. Das beschloss die Sonderkonferenz der Gesundheitsminister am Mittwoch in Berlin.
Konkret sollen die Länder künftig die Rechtsaufsicht über die Landesausschüsse von Ärzten und Krankenkassen erhalten. Sie sollen diesen Gremien Fristen setzen und deren Beschlüsse beanstanden können. Können sich Kassen und Ärzte nicht einigen, wie sie die Lücken in der Versorgung zu schließen gedenken, dann soll das Land den Beschluss erlassen können, fordern die Gesundheitsminister.
Die Länder rechtfertigen ihre neuen Kompetenzen damit, dass sich die Kassen in der Vergangenheit gegen mehr Ärzte gesträubt hätten und die Kassenärztlichen Vereinigungen in ländlichen Regionen keine Zuschläge zu Lasten von Ärzten an anderen Orten bezahlen wollten.
Tatsächlich arbeiten in Deutschland so viele niedergelassene Ärzte wie noch nie. Trotzdem gibt es Mangelgebiete besonders in ländlich unattraktiven Regionen mit vielen armen und chronisch kranken Patienten, an denen Ärzte nicht so viel verdienen können.
Der Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) verwahrte sich gegen die geplante Einmischung durch die Länder: "Wir halten es für falsch, dass jemand die Entscheidung fällen soll, der weder die Leistungen erbringt noch für sie bezahlt", sagte ihr Sprecher Florian Lanz.
Unterdessen haben die Ausgaben für Gesundheit in Deutschland einen neuen Rekord erreicht. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts von Mittwoch wurden im Jahr 2009 insgesamt 278,3 Milliarden Euro im Gesundheitswesen aufgewendet, das waren 5,2 Prozent mehr als 2008. Neuere Zahlen gibt es nicht. Als Gründe wurden die Honorare in den Arztpraxen, höhere Tariflöhne in den Krankenhäusern sowie Ausgaben für Arzneimittel und Pflege genannt. Derweil haben die rund 140.000 niedergelassenen Ärzte für dieses Jahr ein Rekordhonorar von 32,5 Milliarden Euro erstritten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Abschluss G20-Gipfel in Brasilien
Der Westen hat nicht mehr so viel zu melden
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen