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■ KommentarLächerliches Urteil

Das Urteil des Norderstedter Amtsrichters Leendertz ist falsch. Juristisch gesehen lag gar keine Sachbeschädigung vor. Ein Hakenkreuz ist nun mal im deutschen Recht kein „schützenswertes Gut“. Folglich konnte es nicht „beschädigt“ werden.

Zu schützen gewesen wäre im vorliegenden Fall allenfalls das Eigentum der Hamburger Hochbahn. Dieses jedoch – also der U-Bahn-Waggon – kann durch den Umstand, daß ein faschistisches Symbol nicht mehr da ist, wo es vorher war, keinen Schaden davongetragen haben.

Bei der Formulierung des Grundgesetzes, dem ein deutscher Richter nicht weniger als jeder andere verpflichtet ist, haben die „Väter der Verfassung“ bewußt die eine oder andere „Lehre“ aus der faschistischen Vergangenheit dieses Landes gezogen. Und in Rechtsnormen gegossen, die auch – und nicht zuletzt – für das Strafrecht verbindliche Vorgaben machen. Zum Beispiel die, daß das Verwenden „verfassungsfeindlicher Symbole“ zu bestrafen sei. Hakenkreuze gehören unstrittig dazu, sie zu entfernen, kann nicht strafbar sein. Deshalb ist das Urteil auch politisch falsch.

Wer so verworren argumentiert wie Richter Leendertz, hätte genausogut die Hochbahn verurteilen können, indem er das nicht unverzüglich erfolgte Entfernen der Nazi-Schmiererei als sympathisierende Duldung derselben ausgelegt hätte.

Ein solches Urteil aber wäre zu Recht als absurd gescholten worden. Lächerlicher als das gestern tatsächlich ergangene wäre es allerdings nicht gewesen.

Sven-Michael Veit

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