Laden von Smartphones: Schnurlose Energie
Handys sollen bald kabellos geladen werden. Nachhaltig ist das nicht. Zudem ist die Industrie dabei, den größten Fehler der Kabel-Ladegeräte zu wiederholen.
BERLIN taz | Die elektrische Zahnbürste kann es schon: aufladen, ohne dass ein Kabel eingestöpselt werden muss. Jetzt wird das Laden per Induktion statt über ein eingestöpseltes Kabel auch bei Smartphones immer beliebter.
Im Januar gab das Wireless Power Consortium, das für den Ladestandard Qi verantwortlich zeichnet, eine Kooperation mit fünf deutschen Autoherstellern bekannt. Sie wollen die Vorrichtung zum kabellosen Laden in einige ihrer Modelle einbauen. In Großbritannien läuft ein Pilotprojekt in 600 Filialen einer Fast-Food-Kette. Und in den USA hat Starbucks im November begonnen, seine Filialen mit Ladestationen auszustatten.
Das Prinzip des kabellosen Ladens: Mittels einer Spule wird ein Magnetfeld erzeugt und die Energie über eine weitere Spule im Empfangsgerät aufgenommen. Das Ein- und Ausstecken des Kabels in das aufzuladende Gerät entfällt. So lassen sich etwa im Haushalt Ladestationen dort installieren, wo das Telefon sowieso abgelegt wird, ohne dass es eingestöpselt werden muss oder Kabel herumliegen.
Auch an öffentlichen Orten können einfache Ladepunkte eingerichtet werden. Hier entfällt das Risiko, dass Kabel beschädigt werden. Und in Kombination mit einer Freisprecheinrichtung lassen sich Laden und Telefonieren kombinieren. Das geht mit Ladekabel nur, wenn es für Kabel und Kopfhörer unterschiedliche Anschlüsse gibt.
„Man hat natürlich einen Zugewinn an Bequemlichkeit“, sagt Michael Wolf von der Stiftung Warentest, die das induktive Laden bereits getestet hat. Doch wer die Technologie auch unterwegs verwenden will, muss derzeit sein Lokal oder sein Auto passend zum Smartphone wählen – oder umgekehrt. Denn ähnlich wie bei den kabelgebundenen Ladegeräten gibt es keinen einheitlichen Standard.
Wirkungsgrad sinkt
Zwei Systeme dominieren derzeit den Markt: Das bekanntere ist der Qi-Standard des Wireless Power Consortium, zu dem unter anderem Microsoft gehört. Daneben gibt es ein System, für das die Nutzer eine Art Hülle benötigen, in der sie das Gerät auf eine Ladeplatte legen. Es ist mit rund 120 US-Dollar im Vergleich zum herkömmlichen Ladekabel teuer. Trotzdem setzen Apple und zwei große Gesellschaften, die sich in diesem Jahr zusammenschließen werden und bei denen unter anderem Duracell, Canon und der US-Telekommunikationsanbieter AT&T Mitglied sind, auf diese Lösung.
Wichtig ist: Bei allen induktiven Lademöglichkeiten sinkt der Wirkungsgrad. Die Stiftung Warentest maß einen um 60 Prozent höheren Stromverbrauch im Vergleich zum Laden mit eingestecktem Kabel.
Derzeit entstehen nach Angaben der EU-Kommission jährlich 51.000 Tonnen Elektroschrott, alleine durch nicht mehr benötigte Ladekabel von Handys. Der Versuch, einen gemeinsamen Standard zu etablieren, scheiterte, weil die EU vor einer verbindlichen Regelung zurückschreckte; eine freiwillige Vereinbarung der Hersteller hielt nur wenige Jahre.
Mit induktiven Ladegeräten wird sich die Menge an Elektroschrott eher erhöhen. Dazu trägt einerseits der eben auch hier fehlende Standard bei, andererseits braucht man mehr Material. Während ein herkömmliches Ladegeräten aus Netzteil plus Kabel besteht, kommt beim Induktionsgerät noch die Platte dazu, auf die das Telefon gelegt wird – und gegebenenfalls die Hülle.
Das EU-Parlament hatte sich zwar in einem Gesetzentwurf vor knapp einem Jahr dafür ausgesprochen, die Ladegeräte ab 2017 wieder zu vereinheitlichen. Die EU-Kommission prüft derzeit, ob es eine verbindliche Regelung geben wird – oder erneut eine freiwillige Vereinbarung.
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