■ LOOPBACK: Die Arroganz der Monopole
Mit dem Internet, so heißt es, läßt sich noch kein Geld verdienen. Erst in ein paar Jahren würden die Investitionen in Websites und Server mit schneller Standleitung Früchte tragen. Doch was für alle möglichen Branchen – vom Seifenhersteller bis zum Zeitungsverlag – gelten mag, gilt für ehemalige Staatsbetriebe mit Monopolstellung noch lange nicht. Zu deren Selbstverständnis gehört es, für online angebotene Dienstleistungen auch kräftig kassieren zu wollen. Daß sie sich das erlauben können, eben weil sie so konkurrenzlos sind, mag folgendes Beispiel zeigen:
Wer versucht, über T-Online, den Datendienst der Abzocker- und Stinkefinger-AG, eine Zugverbindung zu ermitteln, wird neuerdings kräftig zur Kasse gebeten. 30 Pfennig sind fällig – nicht für die Auskunft, nein, pro Minute! Telefon- und Online-Gebühren gehen extra. Wer eine langsame Leitung erwischt oder nicht schnell genug speichern kann, zahlt. Das ist ungefähr so, als würde Karstadt für die Auskunft, ob eine Unterhose in meiner Größe vorrätig ist, auch noch minutenweise Geld verlangen.
Nein, so geht es wirklich nicht – so etwas nenne ich schlicht eine Unverschämtheit. Das funktioniert doch nur, weil ausschließlich die Bahn AG Zugverbindungen
anbietet und keine Konkurrenz in Sicht ist. Sicher, es gibt diese Zugauskunft auch für CompuServe- und germany.net-Kunden. Und der E-Mail Railserver der Uni Karlsruhe (http://rail.rz.uni- karlsruhe.de/rail/rsask-d.html) ist zwar gut, aber eben nicht offiziell und ein bißchen langsam.
Die Bahn AG sollte sich ein Beispiel an der schweizerischen SBB nehmen. Dort sind die Auskünfte für alle verfügbar. Sekundenschnell, kostenlos – und mit zusätzlichen Hinweisen auf eventuelle Umwege.
Die Telekom selbst scheint neuerdings lernfähig zu sein: Seit einige Firmen massiv Telefonauskünfte online und auf CD-ROM anbieten, ist die T-Online-Auskunft wieder kostenlos. Aber die Lufthansa, noch zu 36 Prozent in Staatsbesitz, ist jetzt völlig durchgeknallt. Neuerdings soll ich die Nummer der „Miles and More“- Karte und einen geheimen PIN- Code eingeben, wenn ich auf „InfoFlyway“ klicke und nichts weiter als eine Flugauskunft haben will. Nein danke!
Online-Auskünfte aller Art haben für privatisierte Staatsunternehmen und andere nur einen einzigen Zweck – auch wenn die Nutzer das vor lauter Bequemlichkeit oft nicht sehen: Sie tragen dazu bei, Arbeitsplätze wegzurationalisieren und Kosten zu sparen. Und dafür soll ich auch noch Geld bezahlen? Ihr habt doch wohl 'ne Macke...
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen