LIEBESERKLÄRUNG: Die Genossen von Air France
Während die deutschen Heulsusen vor sich hin wimmern, zeigen die französischen Kollegen, wie man mit Manager-Pack umgehen muss
Die Aufnahmen gingen um die Welt: Ranghohe Air-France-Manager werden mit zerrissenen Hemden von wütenden Mitarbeitern der Fluglinie vom Hof gejagt.
Seit der Revolution vertraute Bilder, wenn in Frankreich protestiert wird. Nur die Guillotine fehlt. Sobald französischen Landwirten die Hutschnur platzt, kippen sie riesige Sauhaufen aus Tieren, deren Produkten oder Abfällen auf sämtliche Straßen und blockieren das ganze Land. Auch der Anblick Tausender Taxifahrer, die marodierend durch Paris zogen, um ihren Unmut gegen den privaten Anbieter Uber kundzutun, ist uns noch gut im Gedächtnis, sofern wir ihn nicht mit dem ähnlichen Szenario vom Vormarsch des IS verwechseln.
Das rechthaberische und cholerische Temperament, die bedingungslose, vorzivile Triebabfuhr à la Obelix, Depardieu, Platini, Strauss-Kahn hat eben auch eine Sonnenseite: Der französische Arbeiter steht für sein Recht ein. Für sein Selbstbewusstsein wird er vom deutschen Leisetreter heimlich beneidet. Dessen Autoritätshörigkeit ist nicht nach eben mal zwei Generationen verschwunden.
Das nutzen die Autoritäten weidlich aus, während die deutsche Heulsuse vor sich hin wimmert. Die öffentliche Meinung drückt ihr auf der Seele und diese Meinung sagt: Nehmt euer Streikrecht gerne wahr, aber bitte so, dass nichts und niemand davon gestört wird. Nur ab und zu bekommen wir einen ganz leichten Geschmack davon, was möglich wäre. Wie beim Lokführer- und Briefträgerstreik.
Doch natürlich gab es einen Notfahrplan. In Frankreich hätten sie tonnenweise Scheiße auf die Schienen geschmissen – da wäre gar nichts mehr gefahren. Die Post hätten sie einfach angezündet und damit sie besser brennt, noch ein paar Autoreifen und Streikbrecher mit ins Feuer geworfen. Unsere Briefe wurden später nachgeliefert. Uli Hannemann
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