LESERINNENBRIEFE
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Wir sind keine Magier

■ betr.: „Das dunkle Tal seiner Kindheit“, taz vom 17. 3. 12

An die Substanz gehende Vorgänge, die Sie zu einem Artikel zusammengefasst haben. Als Diplom-Psychologin und Bezugs- und Gruppentherapeutin in einer Rehaklinik für Alkoholabhängige möchte ich Ihren Satz kommentieren: „Die Vergangenheit ließ sich einfach nicht abschütteln – auch nicht mithilfe eines professionellen Therapeuten. Nach einem halben Jahr beendete er die Behandlung.“ Jemand, der fast von Anfang an seiner bewussten Erinnerung (mit vier Jahren!) traumatisiert wurde, mehrfach traumatisiert ist, vermutlich inzwischen eine chronifizierte Posttraumatische Belastungsstörung hat, wird mit Sicherheit nicht nach einem halben (!) Jahr „genesen“ sein. Dazu braucht es Jahre! Und eineN TherapeutEiN, zu der einE PatientIN Vertrauen aufbaut. Ohne das mag die Therapeutin noch so gute Techniken aus der Traumapsychotherapie beherrschen, der Erfolg wird gering sein.

Ihren Satz mag jemand so interpretieren, dass Psychotherapie nix bringt. Wir sind keine Magier, die in einem halben Jahr Wunder vollbringen können. Das ist harte Arbeit – vor allem für eineN PatientEiN. Gelerntes, das sich in neuronalen Verbindungen im Hirn gefestigt hat, braucht Zeit, damit sich das in der Psychotherapie Neugelernte und Andersgelernte auch neuronal verfestigen kann. ANKE HOFMANN, Bühlertal

Auch nicht grad beruhigend

■ betr.: „Unwidersprochener Judenhass“, taz vom 21. 3. 12

Das ZDF-Interview von Claus Kleber mit Ahmadinedschad wurde stümperhaft geführt. Wer Ahmadinaschad interviewt, weiß doch schon vorher, was dabei rauskommt, seine Aussagen sind bekannt. Auf die Frage von ihm an Kleber, ob Israel also tun dürfe, was es wolle bezüglich seiner Atomwaffen (weil Israel den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat), sagte Herr Kleber lapidar, so ist es wohl. Auch nicht grad beruhigend. MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Christentum und Homosexualität

■ betr.: „Mit drei Bieren um die Welt“, taz vom 19. 3. 12

Martin Reichert war leider nicht um die ganze Welt – er ist in der islamischen Welt hängen geblieben. Deshalb zur Ergänzung: Dass die Kriminalisierung und Verfolgung Homosexueller etwa in Afrika drastisch zu- statt abnimmt, auch wegen der Entscheidung der Afrikanischen Union 2010, mit klarer Stoßrichtung gegen Schwule und Lesben die Menschenrechte neu zu definieren, „um afrikanische Kultur zu schützen“, ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass viele christliche Kirchen und Bewegungen in Afrika diese Entwicklung unterstützen und selbst zur Bekämpfung von Homosexuellen aufrufen.

Unter afrikanischen Christen herrscht ein verbreitetes Unverständnis darüber, dass die Europäer und ihre Kirchen diejenigen Werte zu Ehe und Familie zu verraten scheinen, die europäische Missionare in Afrika einst verkündeten. Viele in den traditionellen und den wachsenden Pfingstkirchen Afrikas sehen sich deshalb inzwischen als Bewahrer und Erneuerer des Christentums an, von denen die weitere Bekehrung des Kontinents, aber auch möglichst eine Reevangelisierung Europas ausgehen müsse.

In solchen alt- und neufundamentalistischen christlichen Bewegungen auch in den USA, in Osteuropa und von Rom ausgehend begegnen wir dem Erbe unserer eigenen religiösen Schriften und ihrem anhaltenden, durchaus nicht immer aufklärerischen Einfluss auf ganze Gesellschaften. Um auch 2012 noch aus religiösen Gründen verfemten und verfolgten Schwulen und Lesben zu begegnen, müssen wir deshalb weder in die Türkei noch zum Podium „Islam und Homosexualität“ gehen. Das Podium „Christentum und Homosexualität“ nebenan tut’s auch. Dort sitzt aber unsere eigene ungeliebte Religions- und Kolonialgeschichte – von der Gegenwart ganz zu schweigen. CHRISTINE GRÖTZINGER, Stuttgart

Großelternzeit heißt Wahlfreiheit

■ betr.: „Tanten- und Urgroßcousinenzeit“, Leserbrief vom 19. 3. 12

Über den Leserbrief zum Artikel „Lieber in die Kita statt zur Oma“ über die geplante Großelternzeit von Ministerin Schröder habe ich mich geärgert. Ich finde diesen Vorschlag gut. Vorausgesetzt, dass der Kitaausbau weitergetrieben wird, muss man Familien doch die Wahlfreiheit lassen, wie sie ihren Alltag organisieren und ihre Kinder betreuen lassen wollen. Mein dreijähriges Kind geht seit fast zwei Jahren in die Kita, worüber ich sehr froh bin. Aber meine beruflich sehr eingespannte Mutter hätte mich, auch wenn sie gewollt hätte, nach der Geburt nicht unterstützen können. Eine Großelternzeit würde so eine Option für uns überhaupt eröffnen und das würde ich sehr begrüßen. JULIANE MENKE, Berlin

Vergnügen mit Bienendamen

■ betr.: „Frühlingsmätresse Orchidée“, taz-Wahrheit vom 22. 3. 12

Aus Sicht der Imkerin ist das grober poetischer Unfug. Die Orchidee wird von den Bienendamen besucht. Wie überhaupt die Bienen bekanntlich im Matriarchat leben. Die Herren=Drohnen sind einzig zur Beglückung der Königin da. Nach Hochzeitsflug und Brut werden sie sehr handfest aus dem Stock geworfen. Brutpflege, die Verteidigung des Stocks, Sammeln, Honig- und Wachsproduktion erledigen die Arbeiterinnen. Und ihnen begegnen wir im Garten, auf den Wiesen, im Wald. Also: Falls sich die Orchidee vergnügt, dann mit Damen. ANNE SCHULZ, Köln