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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Neokapitalisten begreifen nichts

■ betr.: „Der Griff ins Eingemachte“ u. a., taz vom 18. 3. 13

Die kleinen Sparer sollen wieder einmal die Last tragen, dieses Mal in Zypern, auf Wunsch Deutschlands. Diese Bundesregierung als Anführer in der Koalition der Neokapitalisten begreift nichts, aber auch gar nichts. Trotz der Warnung aller Experten – auch des IWF – hält sie an dem Diktat der Sparpolitik fest.

Die enormen Schulden, verschärft durch die „Rettungsaktionen“ in der Eurozone, verhindern ein Wachsen der Wirtschaft in den betroffenen Ländern, erhöhen dort die Arbeitslosigkeit und zerstören den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft. Staatsbetriebe sollen privatisiert werden, damit noch mehr Kapital frei wird und die soziale Komponente eingeschränkt wird. Aber möglicherweise ist es ja gar nicht Dummheit der regierenden Kaste, sondern Kalkül und Ziel. Deutschland lebt auf Kosten der europäischen Südlander; sie werden als Konkurrenten im Exportgeschäft ausgeschaltet und die deutschen Geldinstitute verdienen sich eine goldene Nase an den Zinsen, die für die Kredite zu zahlen sind.

Und was, wie ich glaube, fast noch wichtiger ist, es entsteht eine Armee von Arbeitslosen, und mit dieser Drohung kann eine positive Lohnentwicklung in Europa, aber auch in Deutschland verhindert werden. Es gäbe noch so viel zu dieser Finanzpolitik zu sagen, aber der Stammtisch glaubt an das Märchen, dass Deutschland zahlt und rettet. ALBERT WAGNER, Bochum

Nichts als gemeine Räuber

■ betr.: „Die Kleinsparer werden zur Kasse gebeten, taz v. 18. 3. 13

Die Debatte über Zypern zeigt uns, wie viel wir in den letzten Jahren verloren haben. Wir können über Tabubruch usw. reden, aber wir scheinen nicht zu erkennen, worum es geht. Es geht nicht um eine Steuer (dafür gibt es Regeln) oder um besondere Konditionen für ein Hilfspaket, wie es sie in meinem Heimatland (Portugal) gibt. Es geht vielmehr darum, dass sich die europäischen Führer als nichts anderes als gemeine Räuber outen.

Ob man 10 Euro oder 10 Milliarden auf seinem Konto hat, was stattfindet, ist Raub. Es ist die Auflösung des Rechtsstaates und der Bürgerrechte (und wir sollten nicht denken, es geht hier nur um Zypern) zugunsten eines Korporativismus, der vor gar nichts haltmacht, und eines allmächtigen Staates, der nicht mehr sozial, sondern so grenzenlos ist, dass man sich schon fast „richtige“ Neoliberale an die Macht wünscht, vor allem wenn die linke Seite des Bundestags keine Probleme mit diesem Prinzip zu haben scheint.

Die Diskussion dreht sich um Kleinsparer. Ich verstehe, dass es einfacher ist, mit denen mitzuleiden als mit russischen Oligarchen, aber das „Blöde“ an einem Rechtsstaat ist, dass die gleichen Regeln für alle gelten oder gelten sollten. Auch wenn uns das nicht passt. Von mir aus darf/sollte man besondere Steuern einführen für Ultrareiche und diejenigen, die die Krise verursacht haben. Aber für Steuer gelten Regeln. Steuer können nicht mitten in der Nacht eingeführt werden und Konten eingefroren.

Mit dieser Entscheidung haben sich „the powers that be“ in Europa (und vor allem Deutschland), demokratisch gesehen, entmachtet. Wir in Portugal halten die Sparmaßnahmen kaum noch aus (die Troika-Nachrichten der letzten Woche wurden leider in Deutschland vernachlässigt), aber wir sehen, dass sie zumindest eine (sehr) kleine Verbindung zu einer rechtsstaatlichen Ordnung aufweisen.

JOÃO FIDALGO, Berlin

Barfußlaufen massiert Füße

■ betr.: „Ich schmeiß hin und werde Prinzessin“, taz vom 18. 3. 13

Beim Lesen des Artikels war ich geschockt. Dann habe ich mich gefragt, weshalb ich so schockiert bin. Als Mutter von drei Kindern (1 x weiblich, 2 x männlich) kann ich mir sämtliche Auswüchse elterlicher „Vollzeitbespaßung“ vorstellen – dachte ich bis heute.

Welche normale Frau bringt ihre fünfjährige Tochter nach der Kita zur Pediküre mit Fußmassage? Wer führt diese durch? Ich hoffe, die Podologin erhält neben Mindestlohn noch Kiddy-Luxuszuschlag.

Irgendetwas scheint ganz gewaltig aus den Fugen geraten zu sein, wenn in einem Land, in dem Kinderarmut herrscht, solche Wellnesstempel für verwöhnte neureiche Gören Furore machen können. Das transportierte Frauenbild scheint auch etwas antiquiert zu sein. Aber das nur so nebenbei.

Lasst die kleinen Mädels durch den Barfußpark laufen, dass massiert die Füße auch. Und hinterher das Abduschen durchblutet derart, dass im Kopf auch wieder etwas ankommt! Gilt auch für die Muttis. TANJA HIORT, Seevetal

Es gibt Wechselwirkungen

■ betr.: „Die Zauberschule an der Oder“, taz vom 14. 3. 13

Wie lange noch soll das Leben allein mit Physik und Chemie erklärt werden? Wie lange noch sollen wir uns von Mechanikern sagen lassen, wie die Welt funktioniert? Es gibt einen Wirk„mechanismus“ bei Motoren, aber im Lebendigen gibt es Wirk„prinzipien“ oder Wechselwirkungen.

Was spricht dagegen, sie zu erforschen? Einzig, dass noch ein paar Skeptiker ihr schlichtes Weltbild in Frage stellen müssen. Und das wäre gut. Bis dahin sollten sie wenigstens sauber argumentieren und nicht permanent falsche Informationen verbreiten. Die Studienlage für eine Wirksamkeit der Homöopathie ist eindeutig. Wer das Gegenteil behauptet, wie der Autor Bernd Kramer, zeigt, dass er sich nicht ernsthaft damit auseinandergesetzt hat.

GERHARD BLEUL, Allgemeinarzt, Homöopathie, Hünstetten