LESERINNENBRIEFE :
Verhandlungen öffentlich führen
■ betr.: „Geheimverhandlungen in Genf“, taz vom 28. 4. 14
Die Verhandlungen zur Privatisierung von Dienstleistungen werden von 22 Staaten (mit 75 Prozent des Welthandels) geheim geführt. Parlamente werden von all diesen Staatsführungen durch Ausschaltung umgangen, missachtet. Dabei sollen sie die Regierungen sowohl autorisieren wie kontrollieren. Leben wir noch eine parlamentarische Demokratie? Welche Interessen vertreten diese „Regierungen“? Welche Staatsinteressen rechtfertigen es, Gemeingut zu verhökern? Verdrossenheit an öffentlichen Belangen findet hier ihre Begründung. Mangelnde Wahlbeteiligung (die EU „verhandelt“ für 28 Staaten) soll nicht länger beklagt werden, sie kann auch Verachtung für Perversionen sein. Liebe Bundestagsabgeordnete, macht diese Verhandlungen öffentlich oder gebt das Mandat zurück.
KLAUS WARZECHA, Wiesbaden
Keine Cowboy- und Indianerspiele
■ betr.: „Aussitzen! Blockaden gut, Böller nützlich“, taz v. 28, 4. 14
Ich weiß nicht, werden einige tazlerinnen nicht erwachsen? Glauben Sie tatsächlich, dass Böller und Co. geeignete Mittel sind, Nazis aufzuhalten beziehungsweise die Polizei zu beschäftigen? Es geht hier nicht um irgendwelche Cowboy- und Indianerspiele, es geht hier um ernst zu nehmende Interessen. Es ist kontraproduktiv, Böller und Co. als passendes Mittel anzupreisen und politisch den „Rechten“ das Demonstrieren zu verweigern – ebenso wie es kontraproduktiv ist, Heino als Nazi zu bezeichnen oder an der Grenze zur Ukraine Macht zu zeigen. Demo ja, Gegendemo ja. Scharmützel mit der Polizei: NEIN. EVA WIESE, Karlsruhe
Gefahr der Vernichtung
■ betr.: „Was tun?“, taz vom 29. 4. 14
Klaus-Helge Donath hat offensichtlich noch nie etwas von ziviler (nichtmilitärischer) Konfliktbearbeitung gehört und scheint sich auch keine Gedanken über die Folgen seiner Hasstiraden zu machen. Die von ihm geforderte Erhöhung des Rüstungshaushalts aller EU-Länder wäre leider kein „Totrüsten ohne Tote“, wie er Reagans Politik der 80er Jahre lobt. Zu wessen Lasten eine Erhöhung der Rüstungskosten gehen würde, kann man sich ausrechnen: der Sozialsysteme, der Bildungssysteme, der Rentner, der Entwicklungshilfe etc. Schon heute haben wir Tausende Tote an Europas Grenzen. Beim Lob des ehemaligen US-Präsidenten Reagan hat Donath leider auch übersehen, dass uns die Hochrüstungspolitik der 80er Jahre dicht an eine nukleare Katastrophe geführt hat – mit der Gefahr der Vernichtung eines großen Teils der Menschheit. JÜRGEN NIETH, Mainz
Stichwort Erster Weltkrieg
■ betr.: „Was tun?“, taz vom 29. 4. 14
Schon bei einigen Artikeln zur Ukraine in tazzen zuvor konnten wir nur heftig den Kopf schütteln. Diesmal rückt Herr Donath in der Spalte Pro sogar zackig in die Liga der eiskalten Krieger ein: Er fordert ein Drittel mehr Geld für die europäischen „Wehr-“Haushalte, um Russland à la Reagan in den 1980er Jahren totzurüsten. Der Autor hat offensichtlich nichts von dem historischen Zusammenhang von Militarisierung, Rüstung und Krieg verstanden. Läuft nicht aktuell eine Debatte dazu? Stichwort Erster Weltkrieg? Und die taz druckt diesen brandgefährlichen Beitrag auch noch unkommentiert auf der ersten Seite. Ein miserables Beispiel für ein pluralistisches Redaktionsverständnis. GISELA und THOMAS LAUENSTEIN, Dortmund
Lagerdenken überwinden
■ betr.: „Was tun?“, taz vom 29. 4. 14
Kümmern „uns“ die Belange und Befindlichkeiten der Ukrainer wirklich oder werden sie nicht auch gerne als Vorwände genommen? Sitzt „der Westen“ nicht leider zu oft selbst im Glashaus? Wie demokratisch ist TTIP? Welche Vorbilder sind „wir“ denn? Haben „wir“ tatsächlich volle demokratische Presse- und Entscheidungsfreiheit oder werden wir auch häufig manipuliert? Wie werden „im Westen“ Regionen behandelt, die nach mehr Eigenständigkeit streben?
Komplexen Zusammenhängen kann man nicht mit Hauruckaktionen gerecht werden. Außerdem sollten wir jegliches Lagerdenken überwinden; die Vereinten Nationen haben es mal so formuliert: „An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden …“
BRIGITTE und MICHAEL PFLEGER, Großhesselohe
Kritische Berichterstattung
■ betr.: „Was tun?“, taz vom 29. 4. 14
Meint Herr Donath das ernst, dass das Gebot der Stunde wäre, die Rüstungshaushalte der EU „um mindestens ein Drittel“ anzuheben und das Reagen’sche „Erfolgsmodell“ des Totrüstens zu wiederholen? Was hat das in der taz zu suchen?
Bettina Gaus hat zu Recht darauf hingewiesen, mit welch unterschiedlichem Maßstab hier die unterschiedlichen Kräfte in der Ukraine bewertet werden. Friedrich Küppersbusch hat kritisch vermerkt, wie „der Westen“ im Vorfeld in der Ukraine gezündelt hat. Es gibt gute Gründe, Probleme nicht nur auf der Seite Russlands zu sehen. Eine entsprechende kritische Berichterstattung erwarte ich von der taz. ANNE LENHARDT, Braunschweig