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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Ohne Militär gestartet

■ betr.: „Das geräuschlose Ende der Wehrpflicht“, taz vom 4. 1. 11

Die „Bravo“-Rufe aus den politischen und militärischen Kommandozentralen sind ebenso erschreckend wie die zustimmenden Kommentare der Presse, wonach lediglich ein weiterer Schritt zur Normalität vollzogen worden sei.

Vergessen ist, dass die BRD ganz ohne das Militär starten musste, weil Preußen „seit jeher Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland gewesen ist“, weshalb es nach dem Gesetz des Alliierten Kontrollrats vom 15. 2. 1947 zur „Aufrechterhaltung des Friedens“ aufgelöst wurde. Kanzler Konrad Adenauer nutzte die Chance, die ihm der Kalte Krieg bot, um von zwei ehemaligen Wehrmachtsgeneralen wieder eine deutsche Armee aufbauen zu lassen. Freilich sollte diese demokratisch sein und nur zur Landesverteidigung eingesetzt werden. Damit war es nach dem Fall der Mauer vorbei, denn nun kamen die deutschen Soldaten auch wieder „out of area“ zu Kriegseinsätzen. Und wenn man auf verschiedenen Kriegsschauplätzen zum Einsatz kommt, dann kann es auch Tote geben. Deshalb braucht man wieder militärische Orden, Tapferkeitsmedaillen, Gedenkfeiern für die Gefallenen, Heldenfriedhöfe und eine weltweit einsetzbare Söldnertruppe, die professionell Krieg für den Frieden führen kann. Die „Experten“ fragen sich: Wann wird es wieder so ergreifende Veranstaltungen geben, wie es früher der Gedenktag für Langemarck war? Wann darf Deutschland auch selbst über Atombomben verfügen? Die Entwicklung des militärisch-industriellen Komplexes darf schließlich nicht still stehen! Die friedliebenden Deutschen erschauern bei solchen Zukunftsaussichten. ERHARD JÖST, Heilbronn

Die Justiz steht stramm

■ betr.: „Das geräuschlose Ende der Wehrpflicht“, taz vom 4. 1. 11

Stefan Reinecke hat mit seiner Ausführung zur Konsensdemokratie recht. So scheiterte denn eine frühere sozialliberale Koalition mit der sogenannten Postkartenverweigerung am Widerstand von CDU/CSU beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG).

Ein weiterer im Rückblick erwähnenswerter Aspekt: Der Vorrang des Militärischen vor dem Recht. So hat vor allem das BVerfG hier viel von dem Vertrauen, das es sich in anderen Bereichen erworben hat, verspielt. Da war die Absegnung der Inhaftierung von sogenannten Totalverweigerern, die Aushebelung der Verfassung bei dem früher längeren Zivildienst für Kriegsdienstverweigerer mit dem absurden Argument, dass „Dauer“ im Bereich des Wehrpflichtrechts nicht „Zeit“, sondern „Belastung“ meine, oder zuletzt die peinliche Entscheidung zur Frage der Wehrgerechtigkeit, bei der das BVerfG nur wenige Monate vor der Änderung der Politik der Bundesregierung nichts zu beanstanden hatte. Dabei wurden nur noch 16 % eines Jahrgangs tatsächlich zum Kriegsdienst herangezogen.

Leider ist zu befürchten, dass die höchsten Etagen unserer Justiz auch nach Abschaffung der Wehrpflicht vor den Militärpolitikern traditioneller Prägung strammstehen werden. Die Generalbundesanwältin hat mit ihrer skandalösen Einstellung des Verfahrens wegen des Vorwurfs des Mordes gegen den Berufssoldaten Oberst Klein (Kunduz) die Richtung vorgegeben. UDO GRÖNHEIT, Berlin

Bitte nicht!

■ betr.: „Leserinnenvorwurf: Frauenbriefspalte“, taz vom 2. 1. 11

Frauen melden sich in der taz per Leserbrief also seltener zu Wort, konnte man lesen und erhielt auch eine mögliche Erklärung. Generell habe ich den Eindruck, dass man als Frau eher schweigt oder intensiver überlegt, ob die eigene Wortmeldung Sinn macht, stimmig ist und Relevanz besitzt. Männer, so mein Eindruck, sind weniger mit dieser Scheu sozialisiert worden und nehmen ihr Recht zur Meinungsäußerung deutlich stärker wahr. Eine gesellschaftlich verankerte Zurückhaltung also. Aber deshalb eine Frauenleserbriefspalte einführen? Bitte nicht! Das Geschlecht bestimmt nicht über Inhalt und Qualität einer Äußerung, dies tut nur der „Kopf“, egal ob männlich oder weiblich. ANNE SCHULTZ-BRUMMER, Hamburg