LESERINNENBRIEFE :
Erschreckend und peinlich
■ betr.: „Ein Riss geht durch Tröglitz“, taz vom 7. 4. 15
Die schrille Panikmache, wenn in einer Gemeinde mit mehr als 2.000 Einwohnern 40 Asylsuchende untergebracht werden sollen, ist erschreckend und peinlich. Gerade Menschen aus den neuen Bundesländern sollten nachvollziehen können, wie falsch und verletzend Vorurteile sein können, und selbst das Auswandern aus wirtschaftlicher Not sollten sie verstehen, wurde das über 20 Jahre von Ost nach West auch praktiziert. Erfreulich, wie viele Tröglitzer der Brandanschlag auch empört.
Traurig, wie viele Verantwortliche in unserer Gesellschaft aber auch Verständnis für „die Sorgen und Ängste“ von angeblich normalen Bürgern haben! Man kann über alles sachlich debattieren, aber das solche Proteste immer in fremdenfeindliche Hetze mit lauter falschen, unsachlichen und dummen Vorurteilen oder sogar Gewalt abdriften, spricht nicht für diese „besorgten“ Bürger. Da wären mehr klare Kante und weniger Empathie erforderlich. Dass das möglich ist, hat man bei der Blockupy-Demo ja gesehen. Bitte diese Konsequenz beim Schutz von Flüchtlingen, beim Schutz von Banken geht’s ja auch! MARKUS MEISTER, Kassel
Extrem kurzsichtig
■ betr.: „Zahl des Tages: Verdi kämpft für Klimakiller“, taz v. 7. 4. 15
Es ist erschreckend zu sehen, wie Gewerkschaften im Zweifelsfalle Partikularinteressen immer wieder vor die Interessen des Allgemeinwohls stellen. Die Einhaltung der Klimaschutzziele der Bundesregierung ist dann egal. Wenn die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzt werden soll, müssen 60 bis 80 Prozent der gegenwärtigen Kohle-,Öl-und Gasreserven in der Erde bleiben. Institutionelle Anleger, die Finanzwelt und die Weltbank begreifen das inzwischen und rufen dazu auf, aus der fossilen Brennstoffindustrie zu deinvestieren. Bestimmte Gewerkschaften und offenbar auch Herr Bsirske, der zudem noch Mitglied der grünen Partei ist, verkennen immer noch die Zeichen der Zeit.
Es besteht leider eine unheilige Allianz mit den Unternehmen fossiler Energiegewinnung. Bei den einen heißt es Arbeitsplätze, bei den anderen Profite, um Teufel komm raus: (Braun-)Kohleverstromung bis zum Anschlag, Fracking, Erschließung von Teersänden, Förderung von Öl und Gas aus der Arktis um jeden Preis, auch wenn dies dann „game over“, so der US-Klimaforscher James Hansen, bedeutet. Diese Haltung schadet nicht nur, sie ist zudem extrem kurzsichtig, denn sie verkennt die wirtschaftlichen Chancen der Transformation zu einer nicht mehr von fossilen Brennstoffen abhängigen Wirtschaft. Dass Bsirske sich so äußert, macht mich richtig wütend. Fehlt nur noch, dass er den Klimawandel leugnet.
DIETER LEHMKUHL, Berlin
Ein Verdi-Osterei
■ betr.: „Verdi kämpft für Klimakiller“, taz vom 7.4. 15
Das Verdi-Osterei des RWE-Aufsichtsrats Bsirske macht sprachlos. Der Mangel an Wahrnehmung aus zwei klimatisierten Elfenbeintürmen ist erschreckend. Wo kann man einen führenden Gewerkschaftsfunktionär abholen? Eine große Erkenntnis des 19. Jahrhundert lautet: „Das Sein bestimmt das Bewusstsein.“ Die Wirklichkeit ist zur Kenntnis zu bringen, der von Menschen verursachte Klimawandel. Wer nicht alle Daten im Schrank hat, kann nachladen. Information ist Bürgerpflicht, zumindest auf dieser Organisationsebene!
Was lerne ich daraus? Gabriel, der die Energiewende abgebremst hat, dabei schuldig geworden ist, schwimmt im Mittelfeld der Meinungen. Nur: Der Klimawandel unterliegt nicht der Meinungsbildung. Es ist das Sein, an dem wir uns ausrichten müssen. Das droht uns zu überrollen, wenn wir nicht auf der Welle surfen lernen. Die Welle einzudämmen war die Utopie von Rio I, und diese Möglichkeit verspielen wir gerade. KLAUS WARZECHA, Wiesbaden
Ein schöner Buchstabe
■ betr.: „Ö. Der unnötige Buchstabe“, taz Gedöns vom 4. 4. 15
Als Obertonsängerin habe ich sehr interessiert euren Artikel über das Ö gelesen. Meiner Ansicht nach ist es kein unnötiger, sondern einer der schönsten Buchstaben, weil beim Singen des Ö die Obertöne besonders schön zur Geltung kommen. Wie schon Ilse Middendorf, die sich intensiv mit der Wirkung der Vokale und Konsonanten beschäftigt hat, in ihrem Buch „Der erfahrbare Atem“ schreibt: „Der Ö-Raum macht fröhlich, heiter, gehoben … Zu lange geübt: Euphorie.“ (1986, S.65) INGE KRITZER, Siegen-Volnsberg
Der Fuchs als Helfer
■ betr.: „Wir müssen Füchse weiter jagen“, taz vom 4. 4. 15
Ist ja zu erwarten, dass ein Jäger, wie hier im Interview zum Beispiel eine Jagdverbandslobbyistin, ein positives Verhältnis zur Jagd zum Ausdruck bringt. Da das Abballern von Tieren aus reiner Freude inzwischen doch erheblich in Verruf geraten ist, wird Jagdlust heutzutage gern mit ökologischen Gründen bemäntelt. Bislang waren die Jäger nicht in der Lage, eine angemessene Bestandsregulierung des Rotwildes zu erzielen. Warum sollte das auf einmal beim Fuchs anders sein? Eine erfolgversprechendere Strategie ist es, den Lebensraum gefährdeter Arten zu schützen und durch gezielte Naturschutzmaßnahmen qualitativ zu verbessern. Der Fuchs sollte dabei als ein Helfer und nicht als ein Gegner betrachtet werden.
ERICH LUTZ, Freiburg