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LDPD-Chef entzweit FDP

■ Heute entscheidet der Berliner FDP-Vorstand über den Ausschlußantrag gegen Manfred Gerlach/ Westberliner Parteirechte verteidigen den ehemaligen LDPD-Chef und DDR-Spitzenpolitiker

Berlin. Er war Vizevorsitzender des Staatsrates der DDR und bis Anfang 1990 Chef der Blockpartei LDPD. Alle Ämter hat Manfred Gerlach verloren, doch immer noch ist er Mitglied der Berliner FDP. Ob er seine Mitgliedschaft behalten darf, ob sie suspendiert werden muß oder ob Gerlach ausgeschlossen wird, darüber muß heute abend der Landesvorstand entscheiden.

Den Ausschlußantrag reichten acht Freidemokraten aus West-Berlin und Westdeutschland schon vor einigen Wochen ein. Sie kennen den DDR-Politiker noch aus der gemeinsamen Parteiarbeit in der sowjetischen Besatzungszone Ende der 40er Jahre. Damals habe Gerlach, so sagt es der 75jährige Heinz Kaschke aus Charlottenburg, für den sowjetischen Geheimdienst NKWD gearbeitet und auf diese Weise seine Karriere beschleunigt. Gerlach bestreitet diese Vorwürfe. Die Parteiführung versucht abzuwiegeln und plädiert für ein »strikt rechtsstaatliches Verfahren«. Das Landesschiedsgericht müsse entscheiden, ob Gerlach andere Menschen geschädigt habe, sagt Fraktionsgeschäftsführer Jürgen Biederbick. FDP-Chefin Carola von Braun denkt an die Parteiräson: Jetzt schon entzweit der Streit um Gerlach die etwa 4.000 Mitglieder, von denen je die Hälfte im Westen und im Osten der Stadt leben. Der Konflikt berge »ein starkes Potential an Ärger für die Partei«, sagt ein Freidemokrat. So sieht es auch Reinhard Klein, der aus der LDPD kommt. Er fürchtet, daß »schon wieder eine neue Grenze« zwischen den Mitgliedern aus Ost und West entstehen könnte.

In Wahrheit verläuft die Front im Gerlach-Streit vollkommen quer zur ehemaligen Mauer. Die Parteilinken in Westteil — zu denen auch Heinz Kaschke zählt — sind eher für den Ausschluß, genauso aber auch die ehemaligen Mitglieder der Anfang letzten Jahres gegründeten DDR- FDP, die sich bewußt als Gegenstück zur Blockpartei LDPD verstand. »Das alte System wurde durch Gerlach mitrepräsentiert«, sagt der Abgeordnete Werner Wiemann, heute FDP-Vorsitzender in Marzahn und früher in der Ost-FDP. »Auch für den Bereich des Schießbefehls« sei Gerlach »mitzuständig gewesen«.

Ausgerechnet die Parteirechten aus dem Westteil der Stadt plädieren dagegen vehement gegen einen Ausschluß des DDR-Spitzenpolitikers. Der Spandauer FDP-Vorsitzende Wolfgang Mleczkowski betrachtet die Spitzel-Vorwürfe als »ganz offensichtlich falsch«. Bei einem Treffen mit Gerlach am 10. April habe das auch die Mehrheit der Bezirksvorsitzenden eingesehen. Die Zusammenkunft fand freilich unter Ausschluß der Parteilinken statt. Gerlachs »Gesamtpersönlichkeit« gehöre »gewürdigt«, verlangt Mleczkowski. Er verweist auf die politischen Lockerungsübungen, die der LDPD-Chef seit den 60er Jahren, vor allem aber kurz vor der Wende unternommen habe.

Mleczkowski müsse es ja wissen, lästern da die Parteilinken. Bevor der heutige Spandauer Bezirksvorsitzende 1976 nach West-Berlin kam und sich als Parteirechter profilierte, war er nämlich selbst ein LDPD- Funktionär. Bis 1968 diente er der Blockpartei als Parteisekretär im Stadtbezirk Friedrichshain. Dann, so die Darstellung von Mleczkowski, sei er wegen des Einmarschs in Prag nicht mehr zur Arbeit erschienen — und von Gerlachs Partei ausgeschlossen worden. Groll gegen Gerlach empfindet Mleczkowski erstaunlicherweise trotzdem nicht: »Ich habe mich selbst an den Rand gespielt.« hmt

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