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LBK-PrivatisierungRückkehr auf Raten

Rückkehr ehemaliger Mitarbeiter des Landesbetriebs Krankenhäuser kommt Hamburg teuer zu stehen. Noch immer warten 1.000 Rückkehrer auf reguläre Jobs.

Weg von Asklepios: Mehr ehemalige LBK-Angestellte als gedacht wollen zurück in den städtischen Schoß. Bild: dpa

Es ist ein teures Comeback. Über 30 Millionen Euro pro Jahr - weit mehr als erwartet - kostet den Finanzsenator die Rückkehr von rund 1.600 ehemaligen Beschäftigten des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) in den öffentlichen Dienst. Und noch immer warten mehr als 1.000 von ihnen auf eine reguläre Stelle.

Der Senat hatte im Zuge des umstrittenen LBK-Verkaufs an den privaten Klinik-Konzern Asklepios 2005 mit etwa 300 Mitarbeitern gerechnet, die von ihrem Recht Gebrauch machen würden, zur Stadt als Arbeitgeber zurückzukehren - unkündbar und mit Anspruch auf Tarifgehälter. Tatsächlich aber forderten 1.973 ehemalige LBK-Mitarbeiter ihr Rückkehrrecht ein. Über 350 Rückkehrbegehren allerdings lehnte die Stadt aus rechtlichen Gründen ab. Über sie muss nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Von den verbliebenen 1.600 Personen konnten bislang nur 400 in unbefristete Stellen vermittelt werden.

Etwa 940 Personen haben nach Angaben von Personalamtschef Volker Bonorden zwar einen unbefristeten Vertrag mit der Stadt, aber keinen unbefristeten Arbeitsplatz. Sie werden als Job-Feuerwehr in zeitlich begrenzten Projekten eingesetzt oder übernehmen kurzfristig für ein paar Monate Aufgaben in verschiedenen Behörden. Der Rest der 1.600 akzeptierten Rückkehrer steckt in Qualifizierungsmaßnahmen oder kommt aufgrund von Krankheiten, Vorruhestand oder Elternzeit für eine Tätigkeit derzeit nicht in Frage.

Der LBK-Verkauf

2002 begann der Senat mit der Suche nach einem Privatinvestor für den LBK. Der Grund: Seine Schulden und Pensionslasten waren auf 500 Millionen Euro gewachsen.

Ende 2003 stand fest: Der Klinikkonzern Asklepios übernimmt 74,9 Prozent des Landesbetriebs.

Bei einem Volksentscheid stimmten 77 Prozent der Teilnehmer dafür, den LBK mehrheitlich bei der Stadt zu lassen. Der Senat ignorierte das Votum.

Für diese Gruppe fielen allein 2008 zusätzliche Personalkosten in Höhe von 35,2 Millionen Euro und nur in den ersten sieben Monaten des vorigen Jahres erneut ein Betrag vom 19,3 Millionen an. Hinzu kommen jährlich rund vier Millionen Euro für Qualifizierung und Weiterbildung sowie für zusätzliche Mitarbeiter, die die Rückkehrer vermitteln sollen.

Für Hamburgs Ver.di-Chef Wolfgang Rose sind diese Haushaltsbelastungen "Teil des finanzpolitischen Desasters" um den Verkauf des LBK. Die Rückkehrwelle, die weit größer ausfiel als vom Senat prognostiziert, sei eine nachvollziehbare Reaktion der ehemaligen LBK-Mitarbeiter auf "Befürchtungen gewesen, die sich alle bewahrheitet" hätten. Rose: "Hieß es zuerst, keinem LBK-Mitarbeiter werde es unter Asklepios schlechter gehen als zuvor, wissen wir heute, dass brutale Arbeitsverdichtung, Tarifflucht und Outsourcing den Umgang von Asklepios mit seinen Beschäftigten prägt." Doch nicht nur die unerwartete Haushaltsbelastung bedrückt Rose. Schlimm sei auch, dass es für die 940 mal hier und mal dort eingesetzten LBK-Rückkehrer bis heute "keine geeignete Perspektive der beruflichen Weiterentwicklung" gäbe.

Und die kann laut Bonorden noch auf sich warten lassen -freie Stellen im öffentlichen Dienst sind rar. So werde es mindestens vier bis fünf Jahre dauern, bis alle Rückkehrer einen unbefristeten Job angeboten bekommen könnten. Auf die Stadt kommen damit weitere jährliche Kosten im zweistelligen Millionenbereich zu. Trotzdem hält Bonorden die Wiedereingliederung der LBK-Abgänger für einen "gelungenen Prozess". Schließlich handele es sich dabei um die Integration von Mitarbeitern in den öffentlichen Dienst in einer Größenordnung, "wie es sie bislang nicht gegeben" habe.

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