LANGLÄUFER DIETER BAUMANN DARF IN SYDNEY NICHT ANTRETEN: Nicht nur sauber, sondern rein
Dieter Baumann, Olympiasieger von 1992 über 5.000 Meter Langlauf, darf nicht in Sydney teilnehmen. Doper raus! Bravo. Nach diesem Schiedsgerichtsurteil des Leichtathletikweltverbandes IAAF kann IOC-Präsident Samaranch langsam seinen versprochenen „Sieg gegen das Doping“ feiern. Wir Zuschauer hören das gerne. So können wir unseren längst gefassten Entschluss umsetzen, die Olympischen Spiele von Sydney wunderbar und großartig zu finden. Ende gut, alles gut.
Äh, eine Kleinigkeit vielleicht noch: Baumann ist ja kein Doper. Im Gegenteil: Er hat nicht gedopt, sondern ist hereingelegt worden wie kaum ein anderer Athlet vor ihm. Und es ist alles andere als ein Zufall, dass es den wichtigsten westdeutschen Antidopingkämpfer aller Zeiten erwischt hat. Natürlich ist nichts im Leben so sicher, wie man es gerne hätte. Aber dass Baumann unschuldig ist, hat dennoch nichts mit Glauben zu tun. Es ist das Ergebnis, zu dem man nach sorgfältigem Studium des Falles kommen muss. Und zu dem ein unabhängiges deutsches Schiedsgericht auch gekommen ist. Baumann hat eine Indizienkette geliefert, die stichhaltig erklärt, wie es dazu kam, dass er drei positive Dopingproben abgeliefert hat. Ein deutsches Oberlandesgericht hat ihm bestätigt, dass es keinen Beweislast-Umkehrzwang gibt, sondern der Anschauungsbeweis gilt. Die besten Wissenschaftler und Kriminologen stützen ihn.
Und nun kommt das internationale Schiedsgericht daher und wirft den komplexen deutsch-deutschen Kriminalfall auf die Tat zurück: die positiven Dopingproben. Alles zum Wohle der olympischen Werbebotschaft: Nicht nur sauber, sondern rein. So wird also in Sydney nach allem menschlichen Ermessen gelogen, betrogen und gedopt, dass sich die Balken biegen müssten. Aber sie biegen sich nicht. Sie biegen sich einfach nicht. Und derweil schickt man einen jener Männer weg, die bewiesen haben, dass man ungedopt Olympiasieger werden kann. Eine schreiende Ungerechtigkeit? Das Perfide ist: In der kranken Welt des Sports macht gerade das natürlich Sinn. PETER UNFRIED
sport SEITE 17
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen