: Kutte am Haken
■ Von Popen und Popeln: Die neue Serie „Bruder Esel“ (20.15 Uhr, RTL)
Super! Endlich trägt das Fernsehen jüngsten gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung. Früher konnten Soap Operas nicht dumm genug sein. Sie waren der Lohn der Tüchtigen, gemacht für die Spätheimkehrer von der Arbeit, die erschöpft in ihre Sessel sanken. Das ist heute anders. Mittlerweile ist sowieso jeder arbeitslos. Jetzt ist wieder Zeit zum Mitdenken, jetzt kommt „Bruder Esel“.
Kaum ist der Vorspann des Piloten „Mut zum Glück“ vorüber, werden wir hineingeschleudert ins neue RTL-Bildungsprogramm. Schon die ersten Minuten bringen zwei Hinweise auf die beinah vergessene Lyrikerin Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848). Ein Mädchen sagt eines ihrer Gedichte auf, und ein Pater wechselt hinter Annettes Büste seine Kleidung. Klar, daß es zwischen den beiden zu einer schicksalhaften Begegnung kommen wird. Es handelt sich dabei um Beppa (Miriam Horwitz) und Pater Ludger (Dieter Pfaff). Eigentlich wollte sich Beppa nur ein bißchen im fröhlichen Gender-Crossing üben, ihm eine Zigarette anbieten, wie es sonst Männer mit Schokolade bei kleinen Mädchen tun. Doch statt dessen wird sich Pater Ludger in Beppas Mutter Theres (Renate Krößner) verlieben. Aber was ist mit dem Zölibat? Das ist nicht das einzige Problem.
Theres lebt nämlich in Münsters hipster Multikulti-WG. Eigentlich wohnt sie zwar nur mit ihrem schwulen Freund Ferdi Klamm (Hans Lobitz) und ihren drei Kindern zusammen, aber die haben es in sich. Da wäre z.B. Beppas kleiner, farbiger Bruder Henry (Bilal Diallo), der sich selbst Neger nennt und den lieben langen Tag unbescholtene Passanten wegen Popel anschwatzt, die er in Nutella versenkt, weil er dies für ökologisch hält. Ja, in dieser WG geben sich Menschen unterschiedlichster Couleur die Klinke in die Hand. Doch werden sie auch Bruder Esel annehmen? Noch weiß niemand von seinem Beruf, weder Theres noch Beppa. Denn der Schlingel trägt fast immer zivil, die Kutte will er nämlich schon lang an den Haken hängen. Ach, wenn doch nur alles nicht so schwer wäre! Aber sehen Sie selbst, denken Sie mit, und lernen Sie, wie das Leben so spielen kann. Harald Peters
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