piwik no script img

■ Knutsch – es war kein Elch, sondern CarlKußmund von 1945 gefunden

New York (AP) – Für Millionen US-Amerikaner war es der Kuß – und ein Rätsel dazu. Auf einem weltberühmten Bild, das ein Fotograf der Zeitschrift Life während der Straßenfeiern zur Kapitulation Japans am 15. August 1945 aufgenommen hatte, war zu sehen, wie sich ein großer, dunkelhaariger Matrose und eine Krankenschwester auf dem New Yorker Times Square vor Freude in die Arme fallen und küssen (siehe nebenstehendes Titelbild).

Nachdem die Identität der Krankenschwester Edith Shain von Life 1980 enthüllt worden war, wollten immer neue Männer der Matrose auf dem Foto gewesen sein. Nun hat der New Yorker Polizist Carl Muscarello zu erkennen gegeben, daß er der Mann ist, von dem man auf dem Foto nur das Matrosenkäppi sieht. Und Edith Shain hat bestätigt, daß es sich diesmal wirklich um den Richtigen handelt.

Carl Muscarello, der damals als 19jähriger Marinesoldat auf einem U-Boot stationiert war, lebt inzwischen als Rentner im Bundesstaat Florida. Daß er der Matrose auf dem legendären Kuß-Foto war, das an ein Tango tanzendes Paar erinnert, habe seine Familie immer gewußt. Nur habe er keine große Affäre daraus gemacht, gibt sich der jetzt 68jährige bescheiden. Ein Freund aus alten Kindertagen in New York habe ihn aber vor einigen Monaten ermutigt, seine Identität doch preiszugeben. „Ich tue das für meine Kinder und Enkel. Ich möchte kein Geschäft daraus machen“, betont Muscarello.

Nachdem er den Entschluß gefaßt hatte, zu einer Fußnote der Zeitgeschichte zu werden, rief Muscarello Edith Shain an, die heute als Rentnerin in Kalifornien lebt. Die 77jährige zeigte sich angesichts ihrer Begegnungen mit vielen vorgeblichen Kußpartnern zunächst sehr skeptisch. Doch dann stand Muscarello mit einem Blumenstrauß vor ihrer Tür, und sie unterhielten sich stundenlang.

Zunächst sei sie sich noch nicht hundertprozentig sicher gewesen, daß sie diesmal den Richtigen vor sich habe, sagt Shain. Schließlich habe sie damals vor 50 Jahren gar keine Gelegenheit gehabt habe, den Matrosen in Ruhe zu betrachten. Er habe aber den Test bestanden, dem sie alle vermeintlichen Kußpartner unterzogen habe. So habe Muscarello richtig geantwortet, daß er damals nach der Umarmung kein Wort mehr gesprochen habe. Auch habe der alte Herr die Art des Kusses als solche richtig beschrieben.

Der Fotograf des damaligen Life-Titelbildes, Alfred Eisenstaedt hat sich bislang nicht dazu geäußert, ob er Carl Muscarello für den authentischen Mann hält. Tom Wells

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen