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Kunzelmann verurteilt

■ Wegen „falscher Verdächtigung“ zu drei Monaten auf Bewährung verurteilt / Die Anklage „Störung eines Gesetzgebungsorgans“ mußte das Gericht fallenlassen

Mit drei Monaten auf Bewährung wegen falscher Verdächtigung ging vor dem Amtsgericht gestern der Prozeß gegen den Aktionspolitologen Dieter Kunzelmann (48) zu Ende. Der im Vordergrund des Verfahrens stehende Anklagepunkt, „Störung der Tätigkeit eines Gesetzgebungsorgans“, wurde eingestellt.

Wie berichtet, war der Hintergrund dieses Prozesses die spektakuläre Festnahme Kunzelmanns anläßlich der Eintragung des schwedischen Ministerpräsidenten Carlsson in das Goldene Buch der Stadt im Rathaus Schöneberg am 26.Juni 1987. Kunzelmann wurde seinerzeit per Haftbefehl gesucht, weil er sich aus dem damals gegen ihn und drei taz-Redakteure anhängigen Prozeß aus dem Staub gemacht hatte. Seine Festnahme im Rathaus Schöneberg in Anwesenheit der von ihm als „Mitglieder der kriminellen Vereinigung“ Bezeichneten hatte er geschickt initiiert. Doch kaum daß er zu einer Ansprache über den - im Zusammhang mit dem Reagan-Besuch über die Stadt verhängten - Ausnahmezustand angehoben hatte, war er vom Regierenden Diepgen in ein Handgemenge verwickelt und von Beamten aus dem Saal geschleppt worden. Die Einstellung des Verfahrens erfolgte, weil das Hausrecht während des Empfangs nicht beim Präsidenten des Abgeordnetenhauses, sondern beim Regierenden Bürgermeister lag. Insofern hatte der Angeklagte laut Urteilsbegründung gegen keine Anordnung eines Gesetzgebungsorgans verstoßen. Eine Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs oder Beleidigung des Staatsgastes konnte nicht erfolgen, weil dafür keine Strafanträge gestellt worden waren.

Den Vorwurf der „falschen Verdächtigung“ zimmerte der Staatsanwalt aus einem anderen Verfahren: Kunzelmann hatte einen Beamten wegen eines Fußtrittes angezeigt. Der Staatsanwalt forderte dafür 6 Monate auf Bewährung und 30 Freizeitarbeiten für Kunzelmann. Obwohl keiner der Zeugen Kunzelmanns Anschuldigungen gegen den Beamten M., er sei von ihm in die Rippen getreten worden, widerlegen konnte, behauptete der Staatsanwalt, der Angeklagte sei „der Lüge überführt“.

Das Gericht unterstellte Kunzelmann, er habe in seiner Anzeige wegen Körperverletzung bewußt den falschen Sachverhalt dargestellt. Obwohl es nicht bezweifelte, daß er von einem Fußtritt verletzt worden war, begründete es den Schuldspruch damit: „Da ist der Zeuge eben gestolpert“. Kunzelmann, der sich dem Antrag seines Verteidigers auf Freispruch angeschlossen hatte, fühlte sich auch in seiner Berufsehre verletzt: „Eine falsche Anzeige gehört nicht zum Repertoire eines Aktionspolitologen“, belehrte er das Gericht.

plu

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