Kunstraub in Wien: Herzinfarkt am Tatort
"Arsch picken" und "scheiß Wappler" – Regisseur Michael Kreihsl hat seinen Wien-Krimi mit Mundart angereichert. Sehr zum Vergnügen der Zuschauer. "Der Täter", Samstag, 22.35 auf Arte.
BERLIN taz | In Wien ist die Welt noch in Ordnung. Fast wie im Dorf; man kennt sich, man redet viel und hilft sich gelegentlich aus. Der Polizeipräsident beschäftigt sich eingehend mit der Korruption in der Stadt und bei der Polizei herrscht eh generell ein offener und direkter Umgangston.
"Friedel, ich sag Ihnen jetzt was: Ich mag sie nicht. Das ist ja an und für sich nichts Außergewöhnliches; ich mag ja fast niemanden. Aber Sie hab ich besonders gefressen." "Danke, Herr Chefinspektor." "Genau das mein ich."
Nur die Arbeitswelt des charmanten Hochstaplers und Kunsträubers Jakob Kisch gerät durch einen Herzinfarkt empfindlich ins Wanken. Gesundheitliche Probleme bei Einbrüchen sind der Karriere nicht sonderlich zuträglich.
Kaum wieder in Sicherheit in einem Privatspital angelangt, liegt jedoch das barbusige Schicksal, durch einen Vorhang getrennt, nur ein Bett weiter. Der korrupte Wiener Polizeipräsident möchte sich die Oberweite operativ ein wenig entschlacken lassen. Ein gefundenes Fressen für einen letzten großen Coup.
Ob die Komik wohl eher auf die Derbheit und den Sarkasmus der Wiener Wesens- und Mundart zurückzuführen ist, wie etwa "die scheiß Wappler von der Internen", die einem "ständig am Arsch picken"? Oder sind es doch mehrheitlich die schauspielerisch und inhaltlich punktgenau getroffenen Charaktere, wie der Duziduzi-Krankenpfleger, dessen fürsorgliche Babysprache jeden Patienten in den Wahnsinn treiben dürfte?
Schwer zu sagen. Dass die Komik nicht in platten Klamauk abdriftet, macht aber sicherlich die Mischung aus beidem aus.
Mit "Der Täter" zeigt Regisseur Michael Kreihsl wie sich Spannung und Humor intelligent in Einklang bringen lassen und welche Möglichkeiten die Erzählung einer Kriminalgeschichte bietet. Erwin Steinhauer wirkt als Kabarettist für die Rolle des Gauners prädestiniert und auch Jürgen Tarrach versteht es nur zu gut, die Darstellung des schmierigen Polizeipräsidenten auszufüllen.
Gerade aber die liebevolle Detailversessenheit, die sich bei den vielen Nebenrollen herauskristallisiert, macht den Unterschied aus. Den dezenten Seitenhieb auf die Konkurrenz versteht man dort hoffentlich als Anreiz. "Was liest'n da?" "Irgendeinen Krimi." "Und?" "Bissl fad."
"Der Täter", Samsta, den 26. Februar 2011, 22.35 Uhr, auf Arte
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!