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Kunstblüten im Kliniksumpf

■ Im St.-Jürgen-Krankenhaus zog mit einer Ausstellung von Hermann Böke und Til Mette der Kunstfrühling ein / Dunkles Schwarzgeld und blutrotes Leiden

Wenn ein Arzt und ein Vertreter vertraulich tuscheln und dabei ein Briefumschlag den Besitzer wechselt, dann kann es nur um eines gehen: die Schwarzgeldklinik St.-Jürgen-Straße. Seit gestern ist sie auch Thema für Künstler, und zu betrachten ist das Ergebnis im Mehrzwecksaal des Schwesternhauses auf dem Klinikgelände.

Til Mette, der zusammen mit Hermann Böke ausstellt, ist Karikaturist der taz. In seinem beruflichen Alltag bringt er mit spitzer Feder unter anderem Galla und Genossen aufs Papier. Was lag also näher, als dieses Thema auch zum Schwerpunkt einer Ausstellung im Rahmen des „Kunstfrühlings“ zu machen. Nach einigem Zögern machte die Krankenhausleitung gute Miene zur aufklärerischen Kunst. Und die zuständige Senatorin Vera Rüdiger ergriff die imagefördernde Gelegenheit und sprach von Kunst und Kritik statt von Sumpf und Schmiere. „Bereichernd“, so Rüdiger, soll die Ausstellung wirken. Berei

chernd allerdings ideell für Patienten und materiell nur für die Künstler. Hier ging die Senatorin mit gutem Beispiel voran und erstand für sich privat Tils Gemälde „Nackerte stehend“.

Nicht so viel konnte Vera Rüdiger mit dem „St.-Jürgen -Komplex“ anfangen. In einem zwei mal drei Meter großen Zelt aus 40 Bettlaken, hängt Mettes „Reportage“: Zwei mullvermummte Ärzte, die einem Nackten im weit geöffneten Bauch herummachen, ein Reporter, der marktschreierisch nach außen berichtet. An den beiden Längswänden: „Schwarzgeld 1 -4“, Geldscheine hinter geschwärztem Leinen. Die Senatorin mußte angesichts des düsteren Arrangements an dunkle Geschäfte mit Transplantaten denken. Und auch andere Ausstellungsbesucher standen eher orientierungslos im Zelt umher. „Was das soll, verstehe ich nicht“, meinte ein Kranken- pfleger. Die direkte Aussage, das überspitzte Auf-den-Punkt

Bringen, die Angriffs-Freude von Mettes Karikaturen geht dem St.-Jürgen-Komplex ab.

Das auffälligste der 14 Arbeiten von Hermann Böke „Kopf 1 -3“ liegt mitten im Raum auf dem Boden. Anders als Mette geht Bölke nicht mit einem festen Konzept an die Arbeit. Die Idee, das Bild in der oberen Mitte am Kopfverband des Patienten enden zu lassen und das bloßgelegte Gehirn, aus Pappe, rot, und nur durch Schnüre mit dem Körper verbunden auf einem Laken zu arrangieren, kam ihm erst bei der Arbeit. Nicht das Geschäft mit der Krankheit ist das Thema, sondern das Leiden an ihr.

Vera Rüdiger machte den Künstlern Hoffnung, daß das Krankenhaus einige der Bilder erstehen könnte. Die Köpfe von Böke würden sich prächtig im Eingangsbereich der Neuro -Chirurgie machen. „Arzt und Vertreter“ hingegen gehört in den Flur des Verwaltungsgebäudes.

hbk

Noch bis zum 1.11. zu sehen.

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