■ Kuno Böse: Wille zur Macht
Während das Präsidium der Freien Universität (FU) bei Tee und Keksen am Konferenztisch tagte, mußte Referent Kuno Böse fastend in der Ecke Platz nehmen – und Protokoll führen. Das traumatische Erlebnis prägte den weiteren Lebensweg des Historikers und Absolventen der französischen Kaderschmiede ENA: Er wollte endlich selbst an den Tisch der Macht. Vier Jahre später war der Enddreißiger stellvertretender Präsidialamtsleiter – eine Schaltstelle der hochschulinternen Macht – in der skandalträchtigen Ära des FU-Präsidenten Dieter Heckelmann (CDU). „Böse ist immer dort, wo es stinkt“, sagt ein FU-Mitarbeiter, „aber er selbst riecht nicht danach.“
Als Heckelmann 1991 Innensenator wurde, folgte ihm Böse bald als Büroleiter nach. Anfang 1995 rückte er zum Staatssekretär auf und gab sein FDP-Parteibuch zurück. Den Posten behielt er auch unter den beiden Nachfolgern des glücklosen Hekkelmann, Jörg Schönbohm und Eckart Werthebach. Inzwischen hat Böse sich in der CDU eine Hausmacht verschafft: Bei der nächsten Wahl tritt er als Direktkandidat in Kreuzberg an.
Wie an der FU ließ Böse auch in der Innenverwaltung nach dem Teflon-Prinzip alle Skandale von sich abgleiten – so zuletzt, als der Verfassungsschutz einen Polizeibeamten zu Unrecht der Scientology-Mitgliedschaft verdächtigte. Auch die Verantwortung für den Tod der Kurden am israelischen Konsulat, so glauben Beobachter, wolle Böse jetzt auf den Polizeipräsidenten abwälzen. rab
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