: Kumpel streiken und werden komplett entlassen
■ Alle 28.000 Arbeiter der größten Mine der Welt in Südafrika entlassen
Johannesburg (taz) – Informelle Streikkomitees an der größten Mine der Welt, der Platin fördernden „Anglo American Platinum Corporation“, haben Vertreter von Südafrikas Bergarbeitergewerkschaft NUM sowie Abgesandte der Nord-West-Provinzregierung verprügelt und nach Aussagen Beteiligter mit dem Leben bedroht. Gewerkschaft und Provinzregierung hatten versucht, einen auch in Südafrikas turbulenter Wirtschaftsgeschichte außergewöhnlich wilden Streik zu schlichten. In dessen Verlauf war der gesamten Belegschaft von 28.261 Arbeitern nach fruchtlosem Verstreichen von Ultimaten gekündigt worden.
„Noch nie in meinem Leben hatte ich solche Angst. Wir mußten um unser Leben fürchten“, sagte der Finanzminister der Provinz, Martin Kuscus vom African National Congress (ANC), nach dem fehlgeschlagenen Schlichtungsversuch. Er habe Schußwaffen und Messer bei den Streikenden gesehen. Als Mitglieder der Bergarbeitergewerkschaft verprügelt worden seien, habe man die Flucht ergreifen müssen.
Die Vermittlungsversuche von Politikern und offiziellen Arbeitnehmervertretern sind unterdessen eingestellt worden. Die ANC- geführte Landesregierung erklärte, nun müsse das Gesetz seinen Lauf nehmen.
Der wilde Streik war am 25. Juni ausgebrochen. Die Komitees hatten unter anderem einen „Platinbonus“ gefordert. Außerdem sollten die Minenbesitzer weitere Vergünstigungen wie die Rückerstattung von Sozialbeiträgen und Arbeitslosen- und Unfallversicherung bezahlen. Die Geschäftsleitung verweigerte das, da diese Sozialabgaben bereits in Regierungskassen geflossen seien. Nachdem sämtliche Gespräche zwischen den Parteien ergebnislos verliefen, entließ die Minengesellschaft die streikende Belegschaft in mehreren Schritten, die immer wieder von Ultimaten unterbrochen worden waren. Auch Politiker des regierenden ANC sind mittlerweile auf Distanz zu den selbsternannten Arbeitnehmervertretern gegangen und haben sie als „Schlägertypen“ bezeichnet.
Eine Frist, Wiedereinstellung zu beantragen, läuft in Kürze ab. Bislang folgten aus Angst vor den Komitees nur wenige Arbeiter dem Ultimatum. Die Streikenden verlieren umgerechnet rund drei Millionen Mark Lohn pro Tag. Die Mine, die seit Tagen stillsteht, beziffert ihren Verlust mit umgerechnet 36 Millionen Mark. Im Gegensatz zu den sonst üblichen gewerkschaftskritischen Tönen wünscht die Geschäftsführung sich unterdessen nichts sehnlicher als Arbeitnehmer, die „ordentlich von der Bergarbeitergewerkschaft NUM vertreten werden“.
Die Gewerkschaft NUM hatte der Minenleitung zuvor vorgeworfen, den selbsternannten Komitees zuviel Macht gegeben zu haben, um die Stellung der offiziellen Arbeitnehmervertretungen zu schwächen. Helmuth Philipp
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