Kulturpolitik: Kein Geld für Kinder
Die stadthistorischen Museen erwägen die Abschaffung des freien Eintritts für Kinder und Jugendliche. Grund ist ein neues millionenschweres Defizit der vier Häuser.
Freier Eintritt für Kinder in sieben Hamburger Museen von der Kunsthalle bis zum Museum der Arbeit: Es klang märchenhaft, was Kultursenatorin Karin Welck (parteilos), eifrige Verfechterin Hamburgs als "Modellregion Kinder- und Jugendkultur", 2005 verkündete. Einen Euro pro Kind wollte ein Sponsor für drei Jahre an die Museen geben, insgesamt einen sechsstelligen Betrag.
Ein populäres Angebot, dass die überrumpelten Museumsdirektoren nicht ablehnen konnten. Dass der reguläre Eintritt für Kinder bei zwei Euro liegt, die Museen also denselben Betrag noch drauflegen mussten, wurde kaum diskutiert. Auch nicht, was nach Ablauf des Sponsorings im September 2008 passieren würde. Ein neuer Gönner fand sich nämlich nicht, und so finanzierten die Museen den freien Kindereintritt zuletzt selbst.
Das ist nicht billig, ist die Zahl der jungen Museumsbesucher - derzeit rund 200.000 jährlich - doch seit Beginn des Sponsorings stark gestiegen. Im Museum für Kunst und Gewerbe hat sie sich fast verdoppelt.
Das ist einerseits erfreulich, andererseits erster Angriffspunkt in Zeiten der Krise. Die hat jetzt Rainer-Maria Weiss, Direktor des archäologischen Helms-Museums, ausgerufen. Er spricht dabei zunächst nur für die vier kultur- und stadthistorischen Museen - neben seinem eigenen Haus das Altonaer Museum, das Museum für Hamburgische Geschichte und das Museum der Arbeit -, die trotz ihrer Entschuldung im Januar 2008 ein neues Defizit von 3,2 Millionen Euro angehäuft haben. Ursache seien Tariferhöhungen und gestiegene Energiekosten, die die Museumsbudgets teilweise auffangen müssten, sagt Weiss. Da schaue man schon sehr genau, wo man sparen könne. "Von der Reduktion der Ausstellungs- und Werbetätigkeit bis zur Erhöhung der Eintritte ist vieles möglich." Museumsschließungen seien allerdings derzeit kein Thema. Das betont auch die Kulturbehörde.
Die Rücknahme des freien Kindereintritts indes, längst noch nicht beschlossen, hätte nicht nur fatale Folgen fürs Image: Unklar ist, ob sich die unpopuläre Maßnahme überhaupt lohnt. Denn wenn wieder gezahlt werden muss, werden weniger Kinder kommen. Die Attraktivität der Museum für Familien wird sinken. Mit Glück ist es ein Nullsummenspiel.
"Ich halte nichts davon, an Kindern zu sparen", sagt auch Sabine Schulze, Direktorin des Museums für Kunst und Gewerbe. "Sie sind unsere treuesten Besucher." Zudem sei dies nicht die finanzielle Dimension, die die Probleme ihres Hauses löse. Dessen Sanierung verschlinge derzeit immense Summen. "Die Museen müssen strukturell konsolidiert werden", fordert Schulze.
Das findet im Prinzip auch die Kultursenatorin, die der Sparklausur des Senats Ende Oktober mit Skepsis entgegensieht. Denn Einschnitte sind absehbar, doch sollen sie nicht die Kinderkultur treffen. "Wir sind entschlossen, das Programm ,Kinder im Museum' fortzuführen", sagt eine Sprecherin. "Ideal wäre, wenn wir einen Sponsor gewinnen könnten." Bislang hat allerdings nur das Altonaer Museum einen Financier für den Kindereintritt gefunden. Und das auch nur für 2010.
Dass solch kurzatmiges Sponsoring die strukturellen Probleme der Museen nicht löst, wissen auch die Kultursenatorin und Rainer Maria Weiss. "Aber", sagt der Museumsmann, "soll ich das Geld deswegen ausschlagen?"
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