■ KulturenDialog: Wer will schon verunsichert werden
Wenn die Verbesserung des Zusammenlebens von Menschen verschiedener Kulturen diskutiert wird, dann gehört immer der Vorschlag dazu, dem verzerrten Bild des Fremden das wirkliche Bild entgegenzusetzen. Doch allein Aufklärung und Kontakt mit dem anderen reichen nicht, um Vorurteilen, Stereotypen und einer Ablehnung entgegenzuwirken, so die Überlegungen der Sozialpsychologin Birgit Rommelspacher.
Ihre These: Aufklärung und Kontakt nützen nur dann etwas, wenn überraschende und nicht stimmige Erfahrungen gemacht werden. Zum Beispiel indem „Hierarchien umgekehrt werden“ – wenn der Chef der Türke ist –, wenn die eigene verfestigte Wertvorstellung im Kontext mit einer anderen Kultur plötzlich ins Abseits gerät. Verunsicherung ist nötig. Sie wird dann produktiv, wenn die eigene selbstherrliche Definitionsmacht in Frage gestellt wird. Dies passiert leider viel zu selten.
Die Sozialpsychologin Birgit Rommelspacher untersucht die psychologischen Bedingungen des Kulturaustausches. Ihr Beitrag ist der fünfte Teil unserer Serie KulturenDialog. Darin setzten sich Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen mit den Mechanismen bei der Wahrnehmung des anderen auseinander. Sie werben für kulturelle Beziehungsarbeit statt des immer wieder beschworen Kampfes der Kulturen.
Bisher sind vier Beiträge in dieser Intertaz-Serie erschienen: Gernot Rotter über die Orientalistik (4. Februar), Werner Schiffauer über Kulturdynamik und Selbstinszenierung (4. März), Veit Erlmann über Musik und kulturelle Identität (27.März) und Jean-François Bayart über Globalisierung und kulturelle Vereinheitlichung der Welt. Thomas Hartmann/Edith Kresta
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