: Kultur gekündigt
■ Das „Kulturzentrum Stuttgarter Hof“ soll geräumt werden / Besitzer will das Haus zum Nobelhotel umbauen / Das „Gesamtkunstwerk“ als Gegenpol zur E88
Dem autonomen „Kulturzentrum Stuttgarter Hof“ in der Anhalter Straße droht das Aus. Die Eigentümerin des Hauses, die „Bauprojekt GmbH“, will zum Ende des Jahres das ehemalige Hotel restaurieren und in eine 208-Zimmer -Nobelherberge verwandeln. Die Baugenehmigung für dieses Unternehmen liegt bereits vor.
Für die 20 Künstler, die seit Juni dieses Jahres den Stuttgarter Hof bewohnen und zu einem „Gesamtkunstwerk“ ausgebaut haben, bedeutet dieses Ankündigung Obdachlosigkeit und das Ende ihrer Ausstellung. In einer Erklärung unter dem Titel Drohende Räumung vernichtet Neuanfang gaben die Bewohner nun die „Ziele der Besetzung“ bekannt.
Unter anderem wird darin gefordert, „das Gebäude der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, einen Abriß zu verhindern, einen Gegenpol zur E88-Inszenierung zu kreieren und den Entstehungsprozeß von Kunst sichtbar zu machen“. Die „Einheit von Kunst und Politik, die sozialen Zusammenhänge von Künstlern, Arbeitern und Autonomen und die Einheit von Leben und Arbeiten“ müsse wiederhergestellt werden.
Da in ganz Berlin für ein autonomes Kulturzentrum Bedarf vorhanden sei, würden alle Verantwortlichen in Politik und Kultur aufgefordert, den Erhalt des Stuttgarter Hofes als Kunsthotel zu sichern oder ein Ersatzhaus zur Verfügung zu stellen.
Ulrich Möller, Geschäftsführer der „Bauprojekt GmbH“, meinte gestern: „Das Wort ‘Besetzer höre ich im Zusammenhang mit dem Stuttgarter Hof zum ersten Mal.“ Es gebe die Abmachung, daß die Künstler freiwillig räumen würden, wenn mit dem Bau begonnen werde. Möller: „Es besteht weder ein Miet- noch ein Pachtvertrag.“ Bisher habe die Firma auf einen Strafantrag verzichtet, „weil dazu absolut keine Notwendigkeit“ vorhanden gewesen sei.
hosch
Die Künstler laden heute ab 20.00 Uhr zu einer Solidaritätsparty in den Stuttgarter Hof ein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen